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Freitag, 9. Januar 2009

Diese Geschichte hat nen Bart...

...und Kopftücher. Genauer gesagt neun Bärte und Kopftücher. Nicht ganz gleichmäßig verteilt.
Was war passiert? Neun Amerikaner mit arabischem Emigrationshintergrund wollten mit der AirTrans einen Inlandflug in den USA nehmen. Und sie durften nicht.
Mitreisende hatten dem Flugpersonal berichtet, die neun hätten sich "verdächtig unterhalten", woraufhin AirTrans die Passagiere nicht nur des Flugzeugs verwies, sondern auch einen späteren Weiterflug mit ihrer Airline außer Frage stellte. Das FBI verbürgte sich für die amerikanischen Staatsbürger, die Fluggesellschaft ließ sich aber nicht erweichen und ließ über einen Sprecher erklären, die traditionell arabisch gekleideten Passagiere "hätten sich halt so nicht verhalten dürfen". Eine Entschuldigung erfolgte erst sehr viel später.

Was sagt uns das? Abgesehen davon, dass die Attentäter vom elften September wohl ihr bestes gegeben haben, um als Amerikaner durchzugehen und abgesehen von den teilweise paranoiden Sicherheitskonzepten an amerikanischen Flughäfen (die übrigens regelmäßig ins Lächerliche gezogen werden, weil amerikanische Journalisten sich seit Jahren einen Spaß draus machen, möglichst naturgetreue Waffen- und Bombennachbildungen an Bord von Inlandsflügen zu schmuggeln) und niemals so eindeutig im "Feindbild" aufgetreten wären, kann man von der öffentlichen Meinung einiges lernen. Auf GMX verfolge ich ab und an die Meldungen und die Kommentare dazu. Der Tenor zeigte sich unverständlich, warum ausgerechnet das Land der unbegrenzten Möglichkeiten Quelle dieser Dummheit sein konnte, ein kleiner Teil rief: "Lieber einmal zuviel als einmal zu wenig. Es hätte ja doch was passieren können."
Hätte. Könnte. Würde. Hat aber nicht. Im Gegenteil. Neun Amerikaner wurden an ihrem verbrieften Recht gehindert, einen Vertrag anzutreten, indem der andere Vertragspartner, die Fluggesellschaft, ohne zwingenden Grund zurück getreten war, um mal die juristischen Fakten hinzu zu fügen.
Aber was kann man auch von einem Land erwarten, das nach 9/11 spezielle "Überlebenspacks" für Familien auf den Markt brachte, das im großen und ganzen aus Trockenfutter, Klebeband zum abdichten von Türen und Fenstern gegen Gasangriffe, Plastikhandschuhe und einer Billigatemschutzmaske bestand? Die entsprechenden Firmen sollen an der Paranoia ziemlich gut verdient haben. Oder von einem Land, das mit dem Patriot Act entscheidende Grundrechte beschnitt "um erfolgreich den Terrorismus bekämpfen zu können". Stattdessen führten zwei Kriege dazu, dass sich der erfolgreiche Krieg gegen den Terrorismus nun in einen Krieg gegen das Staatshaushaltsdefizit gewandelt hat.

All dies gipfelte nun darin, das Amerikaner Amerikaner aus Paranoia ungerecht behandelt haben. Ja, wenn es Schwarze, Juden oder Native American gewesen wären, um mal einen bissigen Schwenk in die Satire zu machen, wäre es verständlich gewesen. So aber beschleicht einen der Verdacht, dass die größte Gefahr für Amerikas innere Sicherheit Amerika selbst ist.
Nach den - zugegeben - Paukenschlägen der einstürzenden Twin Towers und dem Bombenangriff auf das Pentagon (wie, das war auch ein Flugzeug? Wo, bitte, war das Wrack? Selbst bei den Twin Towers blieben immerhin die Triebwerke übrig. Also, hat jemand eine Erklärung?), die mit relativ kleinen Mitteln dreitausend Tote sowie einen nicht unerheblichen Hieb gegen die amerikanische Wirtschaft verursachten, hat sich Amerika vor allem selbst geschadet. Alleine die Einschnitte in die von der Verfassung gewährten Rechten sind enorm und hätten ohne die sorgfältig geschürte Panikstimmung niemals eine Mehrheit gehabt.
Kritiker gab es wenige, und wenn wurden sie als unamerikanisch und unpatriotisch niedergeschrien.
Kritiker wie Deutschland und Frankreich, denen die Kriegspläne der USA zuwider waren, wurden - wir erinnern uns alle - als altes Europa abgekanzelt. (Trotzdem steht Deutschland mit viertausend Mann in Afghanistan, soviel also zum Widerstand des alten Europas.) Dubia Bush inspirierte die Öffentlichkeit sogar dazu, zu den French Fries (Pommes Frites) in Zukunft Freedom Fries zu sagen, um die Franzosen für ihre "Feigheit" abzukanzeln. Hat m.E. nicht geklappt und auch nicht gestimmt. Im Gegenteil, vielleicht hat gerade der Widerstand der Atommacht Frankreich schlimmeres verhindert.

Um zum Thema zurück zu kehren, nachdem ich die Trümmer einer einstmals vorbildlichen Demokratie weiter zerredet habe: Kommen wir zurück zu unserer Großfamilie, die nicht mitfliegen durfte, weil man sie des Terrorismus verdächtigt hatte.
Gut, man hat sie aus dem Flugzeug geholt. Das mag der Panik geschuldet sein. Gut, das FBI hat sie überprüft. Das Federal Bureau of Intelligence ist eine Polizeibehörde, sie muss das tun.
Aber sie keinen Anschlussflug nehmen zu lassen, weil "ja doch was passieren kann", ist Schwachsinn und zeigt, wie weit es mit den USA gekommen ist.
Denn angenommen, sie waren wirklich Terroristen (was ich NICHT glaube), so gilt für sie das Gleiche wie für alle anderen Menschen auch. Erst wenn sie eine kriminelle, meinetwegen terroristische Handlung vorbereiten und/oder durchführen, sind sie wirklich auch Straftäter. Zuvor gilt die Unschuldsvermutung. Meines Wissens nach hat sich nichts daran geändert, dass auch amerikanische Gerichte den Angeklagten ihre Schuld beweisen müssen, nicht die Angeklagten dem Gericht ihre Unschuld.
Oder um es mal burschikos auszudrücken: Die amerikanische Freiheit hat sich selbst ans Bein gepinkelt.

4 Kommentare:

Miyu-Moon hat gesagt…

Ich hoffe mal das die Gerüchte nicht stimmen dass das FBI eigens für das Internet Suchmaschinen hat, die Webseiten-Inhalte auf "terroristische" oder "amerikafeindliche" Inhalte überprüft, sonst werden sie deine Blog schließen.
Aber jetzt wieder zurück zur Realität. Natürllich ist es eine Schweinerei, wenn man als Terrorverdächtiger ein Flugzeug verlassen muss, aber was erwartest du den von unserer "Weltpolizei"?
Wenn sie nicht ständig herumschwirren und gegen "Bedrohungen" wie solche "Terroristen" vorgehen würden, wären sie in den Auegn der Welt nutzlos.
Wie oft hat sich die USA schon in den letzten Jahre lächerlich gemacht oder Sachverhalte "neu aufrollen" müssen?

Ace Kaiser hat gesagt…

Als Deutscher kann und muss ich "unpatriotisch" sein. Außer dass mich der CIA nach Guantanamo entführt und das "Waterboarding" bei mir durchführt, habe ich nichts zu befürchten.

Aber Du verkennst die Lage in einem wichtigen Punkt, Miyu, die USA betreffend: Sinn und Ziel der Übung ist nicht, überall präsent zu sein und Weltpolizei zu spielen, sondern weltweit legitimierte Truppen zu haben, um den amerikanischen Hegemonialanspruch durchzusetzen.
Mal sehen was unter der liberalen Obama-Regierung zu diesem Thema ans Tageslicht kommen wird.


Zum Thema Waterboarding:
Eine von Bush und Cheney anerkannte Methode der "Informationsgewinnung", der sie nach eigener Aussage Fakten über die Aufenthaltsorte von Top-Terroristen verdanken.
Beim Waterboarding wird einem zum Verhör anstehenden "Terroristen" suggeriert, er würde langsam und qualvoll ertränkt werden. Ob die Verhörspezialisten nur damit drohen oder ihn tatsächlich für längere Zeit unter Wasser drücken ist mir nicht bekannt, aber für mich ist diese "Informationsgewinnung" Folter.

Miyu-Moon hat gesagt…

Niemand verlangt auch von dir, dass fi patriotisch bist.
Was ist ein Hegemonial?
"Waterboarding"?
Ist dieser Begriff nicht eher irreführend? Kling eher nach Wassersport als nach einer Verhörmethode.
Das funktioniert bestimmt prima bei allen Nicht-Terroristen und Leuten die eh schon traumatisch Erlebnisse mit Wasser haben. Mich schüttelte es nurnoch, wenn ich an sowas denke und ich stimme dir zu dass das unter Folter fällt.
Ich hoffe Obama schafft das ab, bevor er von irgendjemanden erschossen wird. Kennedy und dieser eine Schwarzensprecher (Malcom Soundso?) hat es ja auch bei einer Rede erwischt.

Ace Kaiser hat gesagt…

Wikipedia schreibt zum Begriff Hegemonie folgendes:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hegemonie
Wichtig ist hier, dass die amerikanische Außenpolitik seit Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts tatsächlich diesen Hegemonieanspruch auch stellt.

Waterboarding funktioniert sicherlich bei allen Menschen, die um ihr Leben fürchten. Die Drohung muss nur schlimm genug, authentisch genug sein. Bei Menschen, die gefangen und weggesperrt sind, denen man tagtäglich sagt, das die Welt nicht weiß wo sie sind und das ihnen niemand zu Hilfe kommt, die schon fünf Jahre oder länger ohne Chance auf einen Anwalt oder zumindest eine Anklage eingesperrt sind, wirkt die Drohung vielleicht noch besser. Ich schließe es nicht aus, dass ab und an ein anonymer Toter in ein ebenso anonymes Massengrab geworfen wurde und wird. Den CIA kontrolliert ja niemand, und keiner hat die Macht, dieses barbarische Verhalten zu unterbrechen. Hoffen wir, dass es Barry schafft.

In unserem Grundgesetz ist verzeichnet, dass man das Anrecht auf die Grundrechte verliert, wenn man sie abschaffen will. Ansonsten hat jeder einen Anspruch auf sie, selbst wenn er ein wahnsinniger Massenmörder ist.
Das ist es was eine Demokratie ausmacht, dass sie nicht nach zweierlei Maß mißt. Dass alle gleich behandelt werden, keiner benachteiligt oder "gleicher" ist.
In den USA ist man zum Schluss gekommen, diesen Menschen in Guantanamo selbst die einfachsten Grundrechte zu versagen. Ich halte diese Einstellung selbst potentiellen Terroristen gegenüber für feige, gefährlich und bis ins tiefste niederträchtig.
Warum werde ich durch ein Beispiel erklären: Warum, denkst Du, verfolgt die Polizei mit enormen Aufwand jeden Verbrecher, der gegen Polizisten Gewalt anwendet? Wenn jemand die psychologische Schwelle überwunden hat, einem Polizisten zu schaden, also einer Respekts- und Amtsperson, ist seine Hemmschwelle normalen Menschen gegenüber noch geringer. Er wird zur Gefahr.
Ähnlich sehe ich es hier beim CIA. Wenn ihnen erlaubt wird, Menschen "Zweiter Klasse" die Leiber zu verheeren, die Seelen zu verletzen und die Leben zu nehmen, sehe ich hier nur einen winzigen Sprung, bis sie dies mit ihren eigenen Leuten auch tun werden, wenn sie sich nur die richtige Minderheit heraussuchen. Das ist die eigentliche große Gefahr. Das ist nicht einmal Satan mit dem Beelzebub austreiben, das ist nur die Randerscheinung, die grausame Randerscheinung des Versuchs, die verfassungsmäßigen Rechte eines jeden Amerikaners zu beschneiden... Und die Geheimdienste wüten zu lassen. Diese Last wird für Obama vielleicht schwerer wiegen als die ruinierte Wirtschaft.

Was Barry selbst angeht, nun, nicht nur John F. und Robert Kennedy wurden erschossen. Malcolm X ebenso, wie Du gut behalten hast. Prominenter ist hier aber der weniger radikale, aber sehr populäre Prediger Martin Luther King, der ebenfalls Opfer eines Attentats wurde.
Barry wurde schon im Vorwahlkampf vom Geheimdienst beschützt (der NSA, nicht der CIA), und ich hoffe, sie leisten einen guten Job. Es gibt genügend Rassisten da draußen, die ihn nur deswegen abknallen würden, weil er krause Haare hat. Zu viel mehr reicht ihre bescheidene Intelligenz dann aber auch nicht.