Also, nicht nur manchmal muss ich die Hände über den Kopf zusammenschlagen, wenn mal wieder neue Ideen zur Inneren Sicherheit aus der Regierungskoalition an die Öffentlichkeit gelangen.
Aber die aktuelle Idee von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ist was? Ein erneuter Versuch, dem Internet-Volk Sperren für das Web schmackhaft zu machen? Oder schlicht und einfach totales Versagen in seinem eigenen Arbeitsgebiet?
Da schlägt der Herr Innenminister tatsächlich vor, da sich der Attentäter von Oslo ja augenscheinlich seine Ideologie von rechtsorientierten und Ausländerfeindlichen Bloggern geholt hat, diese Ausländerfeindlichen und rechtsorientierten Blogs besser zu kontrollieren, indem man die Anonymität der Blogger aufhebt. Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass sich Blogger identifizieren, quasi jedermann ihren Realnamen, ihren Personalausweis unter die Nase halten. Damit, so meint Friedrich, können sie sich nicht mehr hinter der Anonymität des Webs verstecken und würden weniger radikal argumentieren.
...sacken lassen.
Sehr geehrter Herr Bundesinnenminister, kennen Sie Ihren eigenen Aufgabenbereich? Der umfasst nicht nur den Bereich Innere Sicherheit, sondern auch Schutz der Demokratie. Wir im Web haben ein klares Verständnis dafür, was rechtens ist und was nicht. Radikale Blogger, die gegen Gesetze verstoßen, indem sie zu Mord, Verfolgung, Deportation oder gar Auflösung der Grundrechte rufen, WERDEN strafrechtlich verfolgt. Die anderen Blogs, die hart an der Grenze entlang schliddern, mögen nicht nur Ihnen ein Dorn im Auge sein, sicher auch mir. Aber solange sie die unheilvolle Grenze nicht überschreiten, gilt für sie der gleiche Schutz auf Meinungsfreiheit wie sie jeder andere Bürger, bzw. Blogger auch hat.
Natürlich ist es nicht sehr schön, wenn der Mörder von Oslo sich seine Ideen beim radikalen Fjordmann geholt hat und in sein Pamphlet eingebaut hat, wenn er sich quasi im Web seine eigene Gehirnwäsche zusammengestellt hat. Aber dies tat er aus freien Stücken, aus Überzeugung. Und ich bin der festen Überzeugung, dass seine Radikalisierung nicht im Web stattfand, sondern in seiner Mitgliedschaft in einer rechts orientierten Partei.
Manche Stimmen sagen, Identitätsnachweise für Blogger wären Quatsch, weil sich dann zum Beispiel rebellische syrische Blogger, die über die Untaten ihrer Regierungen berichten, selbst gefährden würden. Auf Sie bezogen, Herr Bundesinnenminister, bedeutet dies, dass Sie keine Ahnung vom Web haben und sich nicht vorstellen können, dass solche Blogger eine falsche Identität erstellen, oder die Identität eines anderen nehmen könnten. Das Problem würde verlagert werden, das wäre der ganze Erfolg einer Aktion gegen Meinungen, die gerade so noch von der Justiz nicht verfolgt werden. Das Gleiche gilt auch für unsere syrischen Blogger; fremde oder künstliche Identitäten wären schnell erstellt. Was bedeutet, FakeBlogs wie jenes der nicht existierenden lesbischen Bloggerin in Damaskus würden so oder so entstehen.
Das Problem, Herr Innenminister, ist nicht darin zu sehen, dass die rechten Gedanken und die radikalen Gedanken ins Web getragen werden. Sie sind darin zu sehen, dass sie überhaupt existieren und zum Beispiel auch bei uns von BLÖD salonfähig gemacht werden. In Norwegen, das unter dem Attentat ein schreckliches Erwachen erlebte, ist es die rechte Fortschrittspartei, die zweitstärkste Kraft ist. Dort liegen die Probleme. Das Web zeigt nur die Symptome.
Bitte, Herr Bundesinnenminister Friedrich, lassen Sie das Internet in Ruhe. Sie haben augenscheinlich keine Ahnung davon.
Fazit: Wie man sieht, ha, ha, blogge ich selbst. Und ich habe im Impressum meine Mail angegeben. Tatsächlich bin ich froh, dass nicht wirklich jederzeit jedermann vor meiner Haustür stehen kann. Tatsächlich will ich mit meinen Lesern im Internet kommunizieren; ein auserlesener Kreis kriegt mich mal in den Chat, ans Telefon und auch mal zu Gesicht. Aber das entscheide ich selbst. Tatsächlich mache ich mich identifizierbar, und jeder der sich die Mühe macht, findet meinen Realnamen heraus und braucht dann nur noch ein Telefonbuch. Das stört mich nicht wirklich. Aber ich gehe mit meiner Realadresse nicht hausieren. Basta.
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