Okay, ich will nicht meckern... Nein, das ist falsch, ich WILL meckern. Über Frau von der Leyen, unsere Verteidigungsministerin, die das Amt innehat, weil sie schon mal ein Gewehr von weitem gesehen hat, oder so. Tatsächlich ist es wahr, dass ein Minister theoretisch keine Ahnung von seinem Ressort haben muss, um seine Arbeit gut machen zu können - hilfreich hingegen wäre es schon - solange der Minister gute, fachlich versierte und erfahrene Berater hat, die den Arbeitsjargon sprechen. Oder einfacher ausgedrückt: Profis. Und genau das ist der Punkt, warum ich mit Zensursula unzufrieden bin. Ihr Fokus bei ihrer Arbeit als Verteidigungsministerin geht vollkommen am Ziel vorbei.
Das Erste, was ich von ihr hörte, war, dass sich Deutschland stärker im Ausland engagieren sollte, zufällig zeitlich nach Barry Obamas Aufforderung an seine Verbündeten, sich mehr zu engagieren, damit die USA einen Teil ihres Engagements zurücknehmen können. Und das bei einer Bundeswehr, die immer noch auf einen Landkrieg in der Heide und im Bergland ausgerüstet ist und von der nur ein kleiner Teil international eingesetzt werden kann - und jetzt gerade wird. Wir stellen fest: Zu wenig ausgebildete Leute, zu wenig oder falsche Ausrüstung, zu viele erfahrene Soldaten bereits gebunden, dazu Abschaffung der Wehrpflicht (und dazu auch die Abschaffung des Ersatzdienstes, aber das ist nur ein Problem, nicht Zensursulas Schuld) und zudem steht auch noch eine massive Bundeswehrreform an, die sie von de Maizière und dieser von KGT geerbt hat. Geez, es wäre besser gewesen, wenn de Maizière den Job hätte behalten können, um die Arbeit sinnvoll abzuschließen. Vollkommen kontraproduktiv ist hingegen, die Belastung enorm zu erhöhen, vor allem ohne zu wissen, wie das funktionieren soll.
Das Zweite, was ich von ihr hörte, war, dass die Bundeswehr kinderfreundlicher gemacht werden sollte. Ich meine, hallo? Sie hat erst großspurig verkündet, Deutschland solle und müsse sich mehr international engagieren. Da erwartet man doch keine Krippenplätze in der Kaserne als nächste Aussage, sondern etwas zum eigentlich wichtigen Thema. Zum Beispiel: Die Bundeswehr trainiert vereinzelte Kontingente in Französisch-Guyana für Tropeneinsatzerfahrung, oder in Israel für Wüsteneinsatzerfahrung. (Israel hat doch Wüsten, oder?) Also bei unseren Verbündeten vorbereiten auf künftige Aufgaben. Stattdessen sieht Frau von der Leyen die Notwendigkeit, schnell und nachhaltig was zu tun? Kindergärten in Kasernen einzuplanen.
Ihre Idee in allen Ehren, Frau Ministerin, aber haben Sie nachgedacht? Die Bundeswehr existiert seit 1956. In dieser Zeit gab es immer Männer und Frauen (ja, auch Frauen. Zivilbeschäftigte beiden Geschlechts hat es immer gegeben) mit Kindern gegeben. Das heißt, die Bundeswehr hat weit über fünfzig Jahre Erfahrung im Umgang mit den Kindern von Soldaten. Okay, nur weil man bisher noch nicht von einem bundesweiten Soldatenproblem bei der Kinderbetreuung gehört hat, heißt das nicht, dass es keines gibt, aber die Wahrscheinlichkeit spricht da eher dagegen. Warum also etwas überreglementieren, wenn die wahre Herausforderung ist, weitere Truppen im Training, mit Ausrüstung und mit Logistik für zukünftige Einsätze fit zu machen? Die Kinder nehmen sie eh nicht mit auf den Auslandseinsatz, oder irre ich mich da? Soldaten sollten freilich bei der Krippen-, und Kindergartensuche unterstützt und gefördert werden, aber ein Soldatenghettokindergarten in der Kaserne ist keine gute Idee.
Das Dritte, und das ist keine zwei Tage her, was ich aus ihrem Mund gehört habe, das war ihre Aussage zur körperlichen Leistungsbereitschaft. Die solle zurückgeschraubt werden, damit man genügend qualifizierte Soldaten bekommt, um die vielen Aufgaben zu besetzen, die sie erfüllen können, auch ohne einen Dauerlauf absolvieren zu können.
Mein erster Gedanke dazu war: Ja, will sie jetzt neue Generäle einstellen, oder was?
Aber betrachten wir diese Aussage mal ganz ohne Sarkasmus. Im Grunde ist es klar, dass der Soldat eine Grundausbildung durchläuft. Grundlagen sind körperliche Fitness, Waffentraining, Gehorsam und Ausbildung in den Rechten und Pflichten der Person an der Waffe. Wichtige Grundlagen, denen später die Ausbildung in der Teileinheit und damit die Spezialisierung folgt. Nun will Frau von der Leyen bestimmte (oder eher viele) körperlich eher nicht so aktive Menschen in die Bundeswehr locken und dort auf Positionen einsetzen, die ihren Fähigkeiten entsprechen - nur ohne, dass sie die übliche körperliche Fitness haben, die in der Bundeswehr mit dem Quartalstest ermittelt wird.
...sacken lassen.
Ich erinnere mich an eine Zeit, in der ich nur den Kopf schütteln konnte. Das war nach meinem Wehrdienst 1994, und der Bundeswehr mangelte es auf einmal so sehr an Rekruten, dass sie sogar junge Männer einzog, die mit T5 oder gar T6 gemustert worden waren, den niedrigsten Musterungsrängen, die damit automatisch die Ausmusterung zur Folge hatten. Normalerweise.
Dazu gab es dann Fernsehberichte über diese Rekruten, die natürlich gemessen an ihre "Einschränkungen" in der Grundausbildung geschult wurden. Einige trugen kein Grün, andere Turnschuhe statt Militärstiefel, hie' und da trug jemand keine Waffe oder keinen Rucksack weil 5 Kilo-Schein, und besonders hoffnungslose Fälle wurden im Gemeinschaftsraum ausgebildet, nicht in freier Natur. Daher betrachte ich die Aussage der Ministerin als absoluten Blödsinn. Die Bundeswehr muss keine Fitnessansprüche senken. Die Bundeswehr weiß, was sie tut. Das ist nicht immer richtig und sinnvoll, aber die Menschen dort sind keine weltfremden Idioten. Und damals, als es eine Flut von T5ern und T6ern gab, wusste die Bundeswehr dennoch, ihren Bedarf an Rekruten zu decken.
Auf dem anderen Blatt steht was anderes: Die Grundausbildung. Ohne Grundausbildung kein Soldat, ohne Soldat keine Integration in die Armee. Klar kann man das Waffentraining weglassen, aber eine gewisse Ahnung von der Befehlsstruktur sollte jeder "Soldat" in einer Armee haben, gerade in der Bundeswehr. Alle anderen können sich gerne als Zivilverwalter bewerben und der Bundeswehr zuarbeiten. Im Verteidigungsministerium zum Beispiel.
Mein Fazit: Quo vadis, Zensursula? Auf jeden Fall erscheint mir, Frau Ministerin setzt falsche Prioritäten, gibt die falschen Ziele heraus und, was das Schlimmste ist, hört ihren Beratern nicht zu.
Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass General Wieker bei von der Leyen ins Büro reingeschneit kam und gesagt hat: "Frau Ministerin, wir kriegen unsere Rekrutenzahlen nicht zusammen. Deshalb schlage ich Ihnen vor, in den Kasernen zukünftig Krippenplätze einzurichten, um die Armee kinderfreundlicher zu machen."
Nein, da wird wohl eher sowas gesagt worden sein: "Wir stecken mitten in der unfertigen Bundeswehrreform, die Bundeswehr soll fit gemacht werden für mehr Auslandseinsätze bei gleichzeitiger Verkleinerung, wir sind jetzt bereits überfordert mit den Einsätzen, die wir international unterhalten, in Afghanistan kam es wiederholt zu Kampfhandlungen gegen unsere Leute, und Sie wollen Kindergärten auf Kasernengelände einrichten?"
Hätte Frau Ministerin von der Leyen ihr Hauptaugenmerk auf die Reform gelegt, mit der auch die Grundlagen für mehr Auslandseinsätze (allerdings bin ich gegen mehr Auslandseinsätze, vor allem gegen alle, die nicht humanitären Zwecken dienen) geschaffen werden soll: Wunderbar. Fähige Frau. Hat die Schwierigkeiten erkannt und geht sie an.
Hat sie aber nicht. Stattdessen konzentriert sie sich auf Nebenschauplätze. Da fällt mir dieses alte Sprichwort ein: "Wir haben zwar die Schlacht gewonnen, aber den Krieg verloren."
Arme Bundeswehr. Das wird noch ein langer Leidensweg...
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