Ja, richtig gelesen. Eigentlich schätze ich die TV Hören und Sehen, für ihre Beiträge von Peter Scholl-Latour, für die Kolumne von Paulo Coelho, für die Uli Stein-Sketche und die Cartoons auf der letzten Seite. Aber ab und an baut sie so richtig Scheiße. Zum Beispiel wenn sie einen ungeschminkten Werbetext zur Homöopathie verfasst, ohne eine Sekunde selbst zu recherchieren, denn dann hätten die Redakteure gemerkt, dass die Dosierungen, die sie angepriesen haben, bis maximal D6 gingen, also nix mit sich erinnerndem Wasser, sondern tatsächlich noch vollkommen unhomöopathische reale Dosierungen enthalten haben. Mit anderen Worten: Es waren keine homöopathischen Produkte, sondern Naturpräparate.
Oder wenn sie sich unrecherchiert am Schettino-Bashing beteiligt und ihm zum Beispiel die längst widerlegten Drogenvorwürfe im Rahmen der Costa Concordia-Havarie vorhielt. Warum das Schiff mit Bug nach Süden auf Grund gelaufen ist, obwohl es Nordkurs hatte, (was bedeutet, der Kapitän hat gewendet, und es absichtlich auf Grund gesetzt, als der rettende Hafen nicht hat erreicht werden können) fanden die Redakteure auch nicht zu erklären für notwendig. Auf meinen Leserbrief habe ich übrigens NIE eine Antwort bekommen.
...sacken lassen.
Heute ist Google dran, und ich stelle fest, dass ich Artikeln der TV Hören und Sehen wohl nie wieder vertrauen kann - außer, es sind Reiseberichte. Auf der Titelseite ist folgender Header zu finden: Welt-Dikator Google? Als Untertitel steht da: Vom Internet-Imperium zur unheimlichen Supermacht?
Was fällt uns auf? Das, was der Topf voll Gold an Omma-Heftchen stets kritisiert: Fragezeichen-Journalismus. Um nämlich auf der rechtlich einwandfreien Seite zu bleiben, werden die Vorwürfe einfach als Frage formuliert, dann kann man die Zeitung auch nicht so leicht an den Eiern aufhängen.
Über dem eigentlichen Artikel heißt es dann jedoch nur noch: Weltmacht Google.
Dann beginnt die lange Kette an Anschuldigungen. So ist Google schuldig, weil es mittels speziellen Ballons auch die entlegendsten Gebiete der Erde mit W-Lan versorgen will; dass der Konzern mehrere Roboter-Entwickler aufgekauft hat, deren Patente ja auch mit Waffen ausgerüstet werden könnten, was dann ja eine Privatarmee bedeuten würde - zudem seien die Roboter ja kugelfest; dass Google einen Konzern gekauft hat, der Drohnen produziert, mit denen Luftüberwachung, Vermessungen und W-Lan in wirklich alle Teile der Welt gebracht werden kann, ist überdies so böse, wie es nur sein kann...
Die anderen Beispiele belegen auch wieder, wie böse Google ist. Weil es ein künstliches Gehirn produzieren will, weil seine Forscher auf der Suche nach einem längeren Leben sind (was ja ein böses, böses Milliardengeschäft mit Medikamenten bedeutet) und weil Google nicht die Leben von ein paar hundert Millionen Menschen, sondern von Milliarden verändern will. Ja, abgrundtief böse. Vor allem auch, weil Google ja so eine Monopolstellung hat.
...sacken lassen.
Und wie rechtfertigt TV Hören und Sehen dann den Header auf der Titelseite mit den Worten: Welt-Diktator Google?
Nun, das liegt im Schlusssatz verborgen, und mit dem verabschiedet sich die Zeitschrift vollends von der seriösen Berichterstattung und betritt das Reich der Spekulation. Ich zitiere wörtlich: Das Problem ist nur, dass in der Menschheitsgeschichte bisher noch jede Monopolstellung irgendwann ins Diktatorische kippte, selbst wenn sie mit positiven Idealen gestartet war.
Nun, gegen diese messerscharfe Erkenntnis kann man ja nichts weiter sagen. Dieser allgemein gehaltene Satz gegenüber einer FIRMA muss uns ja allen beweisen, wie böse Google ist.
Aber: Wir befinden uns nicht in einem Shadowrun-Szenario, und Konzerne ersetzen keine Nationalstaaten. Und verurteilt wird eigentlich erst, wenn ein Verbrechen geplant, oder wesentlich öfter, bereits durchgeführt wurde, nicht schon, sobald es theoretisch möglich wäre. Im Minority Report befinden wir uns auch nicht, liebe TV Hören und Sehen.
Also, ist Google böse oder die TV Hören und Sehen blöde? Für mich ist die Antwort klar.
Die Maschine braucht uns
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Wenn Purple Disco Machine und Friedrich Liechtenstein zusammenkommen, kann
es nur gut werden.
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vor 17 Stunden
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