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Dienstag, 8. November 2016

Clinton vs. Trump - Einwurf


Da ist er also, der Superwahldienstag, an dem die US-Amerikaner nicht nur darüber entscheiden, ob eine Frau neue Präsidentin der USA wird, und damit unverrückbare Geschichte schreibt, oder aber ein Geschäftsmann mit vielen, vielen absoluten Anhängern.
Nicht wenige sagen über diese Wahl, es wäre eine Wahl zwischen zwei Übeln, und man müsse das kleinere Übel wählen.
...sacken lassen.

Wenn Ihr mich fragt, was ich von dieser Wahl halte, ist die Antwort einfach: Nichts. Das Ergebnis steht schon fest. Das stand es allerdings auch schon, als Hillary Clinton entgegen meiner Hoffnung Präsidentenkandidatin der Demokraten geworden ist und Bernie Sanders vom Platz gefegt hat. Nicht ganz legal, nicht ganz durchsichtig, aber hey, Bernie hat Hillary dazu gebracht, einen ganzen Haufen seiner Forderungen und Standpunkte zu übernehmen für die Empfehlung an seine Anhänger, Clinton zu wählen. Da hat die Gute wirklich Federn lassen müssen. Nicht, dass ich nicht trotzdem meine, Bernie wäre der bessere Präsident gewesen... Aber er ist eben Idealist, und das Establishment kann so einen Mann natürlich nicht zulassen.
Jedenfalls, Hillary Clinton hat schon gewonnen. Sie hat die notwendige Zahl an "blauen" Staaten und damit die Wahlmänner im Sack, und sie ist in den "richtigen" "Swing-States" positioniert. Es hat nie wirklich gelautet, ob Clinton gewinnt. Es geht nur darum, wie viel Abstand sie auf Trump haben wird.
Einige werden jetzt sagen, ABC hätte nach den letzten Enthüllungen über Dienst-Mails auf ihrem Privatserver in den Umfragen Trump vorne gesehen. Das ging mal so richtig durch unsere Medien. Was dabei nicht berücksichtigt wurde: ABC war der einzige Sender, der Trump auch nur ansatzweise vorn gesehen hat.

Um zu verdeutlichen, was ich meine, möchte ich eine Anekdote aus dem Wahlkampf zu Barrys Halbzeit zum Besten geben. (Und an dieser Stelle noch mal erwähnen, dass ich schon 2008 aus meiner Sympathie für ihn keinen Hehl gemacht habe, aber ebensowenig daraus, dass der Gute die USA regiert und das Beste für sie tun muss, nicht für die Welt. Und dass er daher damals schon das kleinere Übel als Mitch Romney war.)
Damals hatte Barack Obama die Wahl schon Wochen, wenn nicht Monate vorher im Sack. Er hatte Osama bin Laden getötet, bzw. töten lassen. Die "blauen" Staaten standen fest an seiner Seite, und die "Swing States" tendierten eher zu ihm. Das Ergebnis? Barry bekam bei der "Popular Vote", die in den USA so gut wie nichts wert ist, fünf Millionen mehr Stimmen als Romney. Und das bei 125 Millionen für die beiden abgegebenen Stimmen. Das sind fast vier solide Prozent Vorsprung.
Bei der richtigen Wahl, nämlich bei der Wahl der Wahlmänner, war es noch eindeutiger. Barry hatte 332 Wahlmänner, Romney hatte zum finalen Zeitpunkt 206 gesammelt. Das ist mehr als ein Drittel Vorsprung für Barry. Kam dieses Ergebnis nun über Nacht? Konnte Barry sich auf den letzten Metern fünf Millionen mehr Stimmen und 128 mehr Wahlmänner sichern? Nein, natürlich nicht. Dieses Ergebnis stand schon lange vorher fest. Die Medien in den USA aber wurden nicht müde, ein "Kopf an Kopf-Rennen" herbei zu predigen. Warum? Nun, die Kosten mussten wieder rein, Werbeblöcke mussten geschaltet werden, ein künstliches Interesse an der bereits gelaufenen Wahl musste aufrecht erhalten werden.
Dieser Hype, der vollkommen realitätsfremd und dazu unwirklich war, erschien den Beteiligten so real, dass Barry noch am letzten Tag ein Mammutpensum an Wahlkampfauftritten absolvierte, und Mitch bis tief in die Nacht, bis zum Morgen noch auf das Wunder hoffte, obwohl die Zahlen schon eindeutig waren. Die traditionelle Gratulation an den Sieger wollte ihm lange Zeit nicht über die Lippen kommen, denn er hatte den Medien geglaubt.
...sacken lassen.

Kommen wir zurück zu Trump und Clinton. Trump hat eine feste Basis, die aber nur aus einem Teil der Republikaner besteht, hauptsächlich aus den Ultrarechten der Tea Party. Dazu konnt eine verschwindend kleine Zahl an prominenten Unterstützern UND ein vielleicht nicht zu unterschätzender Anteil an "freien" Wählern, die Trump durch seine Reality Soap kennen und wählen wollen. Aber machen wir uns nichts vor: Zu den Vorwahlen gingen rund dreißig Millionen Republikaner. und von denen wählte knapp die Hälfte Trump. Selbst wenn wir ihm gnadenhalber alle dreißig Millionen zurechnen und die Zahl dann noch verdoppeln, reicht es immer noch nicht.
Wie sieht es bei Clinton aus? Trump zeigt sich unerschütterlich gegen jeden Vorwurf, gegen jede unbedachte Äußerung, die einen Bush, einen Huckabee oder einen Santorum zur Aufgabe gezwungen hätte. Bei Clinton ist das Schlimmste, was man an Schlamm hatte ausgraben können, Dienstmails über einen privaten Server und Vorwürfe von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen gegen ihren Mann William. Sie hat die Latinos im Sack, den Großteil der Frauen, die demokratischen Weißen, die Asiaten und einen großen Teil der Schwarzen. Zudem wird sie von einer nie zuvor erreichten Flut an Prominenten unterstützt. Von Katy Perry über Robert de Niro bis hin zu... Okay, so gut wie allen, während Trump aus der ersten Reihe "nur" Unterstützung von Chuck Norris, Clint Eastwood und Hulk Hogan  hat.

Fazit: Die Wahl ist im Sack. Clinton hat gewonnen. Nichts wird dies noch ändern, nachdem der letzte große Schachzug mit den Enthüllungen über "weitere E-Mails" durch das FBI nicht den gewünschten Down-Effekt gebracht hat. Daran hat aber auch kein ernsthafter Marktforscher je gezweifelt. Zugegeben, es hatten auch alle mit Bush als Gegner gerechnet, aber eben auch mit seiner Niederlage gegen Clinton. Bei Trump ist das nicht anders.
Warum also hypen die Medien wieder ein Kopf an Kopf-Rennen? Wieso wird das Ergebnis so knapp geredet? Meines Erachtens nach hat es zwei Gründe: Es geht für die Medien wieder um viel Geld, das sie nicht verdienen können, wenn Trumps Anhänger nicht wählen gehen, weil sie glauben, sie hätten eh keine Chance. Und es geht darum, zu unterdrücken, dass es nicht ZWEI Kandidaten für die Präsidentenwahl gibt, sondern SECHS.
So viele US-Wahlberechtigte sind sowohl mit Trump als auch Clinton derart unzufrieden. Wenn die merken, dass sie ihre Stimme auch einem Dritten geben können, dann wäre das der Anfang vom Ende für das politische System der zwei Parteien in den USA, die sich immer wieder die Präsidentschaft zuschieben.

Fazit 2: Was passiert aber, wenn ich Unrecht habe und Trump wird Präsident der USA?
Nichts. Zumindest nicht bei uns. Er wird über die Hälfte seiner Wahlversprechen ohnehin nicht halten, viele davon gar nicht halten können, weil der inländische Widerstand zu stark ist. Eventuell wird er einen neuen externen Konflikt anfangen, weil dies auch für Bushs Wiederwahl hervorragend gewesen ist. Und eventuell wird er sich mehr auf Inlandspolitik einlassen als auf die Außenpolitik. Aber ansonsten wird ein Präsident Trump ebenso wenig regieren wie ein Präsident George W. Bush. Seine Berater werden regieren und ihn ab und an glauben lassen, er hätte eine Entscheidung selbst getroffen. Und nein, ich habe keine Angst vor dem schwarzen Koffer in seinen Händen. Trump kann nur mit zwei Ländern einen Atomkrieg anfangen: Russland und China. Trump möchte die Beziehungen zu Putin verbessern; den Chinesen wirft er zwar vor, US-Jobs zu klauen, aber die bisher bestehenden Verstrickungen in der Produktion kann er in einer Legislaturperiode auch nicht aufheben, die USA brauchen derzeit China als Produktionsstandort.
Also wie ich schon sagte: Clinton macht das Rennen. Dabei wäre Jill Stein die wahrlich bessere Alternative. Echt.

6 Kommentare:

Nathan hat gesagt…

Lösch besser diesen eintrag :((((

Tolechir hat gesagt…

Tja, so kann man sich irren.

Aber ich teile deine Einschätzung von der zukünftigen Politik Trumps.

Ace Kaiser hat gesagt…

Nathan: Nö. Ich stehe dazu, dass ich falsch lag.

Ace Kaiser hat gesagt…

Tolechir: Ich denke mal, wir waren alle überrascht. Ich habe nicht mal geglaubt, dass es für Clinton KNAPP werden würde.
Aber laut der Wikipedia hat Trump ja sogar die Public Vote mit über einer Million Stimmen gewonnen.
Jetzt muss der Gute liefern...

Danke. Wir werden sehen, was der orange Mann schafft, und was nicht. Die Mauer gehört definitiv nicht dazu.

SilviaK hat gesagt…

Weißt du was?
Ich habe befürchtet, dass Trump gewinnt. Ich habe nicht geglaubt, dass Clinton es schaffen wird.
Warum?
Das Gesetz der Serie, die derzeit in der Welt um sich greift.
1. Österreich ... haarscharf am politischen Gegner vorbeigeschrammt, und jetzt doch noch Nachwahl.
2. Brexit. Keiner hats geglaubt, keiner hats ernst genommen, und trotzdem!
3. die Afd-Wahlergebnisse
4. und wieder wählen die Türken ihren Erdogan ...

Ich hatte wirklich gehofft, der Trump wirds nicht. Aber nach den ganzen Beobachtungen dieser Entscheidungen, wo ich jedesmal dachte: "Nein, die können doch nicht ernsthaft!!!" - und oh doch, sie konnten, jedesmal - bin ich derzeit bei Murphys Law. Was danebengehen kann, das geht derzeit auch daneben.
Was nichts Gutes heißt für unsere nächste Bundestagswahl, wenn diese Serie so anhält.

Ace Kaiser hat gesagt…

Ich denke nicht, dass die Welt was damit zu tun hat. Clinton hat es nicht geschafft, ihre Wähler zu mobilisieren, das ist alles. Ihr fehlten fünf!!!! Millionen.
Auch Trump hat weit weniger Stimmen gekriegt als damals Romney, zudem hat er die Public Vote verloren. Dass er dennoch gewählt wurde, liegt einfach an drei Faktoren:
1) Hardcore-Republikaner würden ihren Kandidaten selbst dann wählen, wenn es Adolf Hitler wäre.
2) Beim Abwiegen, wer tragbarer ist, das Großmaul oder die davongekommene Verbrecherin hat das Großmaul für viele gewonnen.
3) Er hatte viele, viele Helfer, die den Republikanern aus Prinzip zugearbeitet haben. Es gibt bereits einige nachdenklich machende Berichte, nach denen vor allem Schwarze und Latinos daran gehindert wurden, ihre Stimme abzugeben.

Alles in allem ein durchaus amerikanisches Problem.
Ach, und noch ein Punkt: Für einen Republikaner ist Trump eher moderat eingestellt. Auch wenn er Obamacare abschaffen will, ist er nicht AfD-rassistisch, sondern nur irgendwo zwischen CDU und CSU einzuordnen.
Aber nur, um das einzunorden, von meinem Standpunkt aus ist er als Präsident trotzdem untragbar.

Aber in einem Punkt MUSS ich Dir Recht geben. Eine Serie gibt es tatsächlich, die sich durch alle Wahlen zieht, von Österreich über UK bis hin zu den Amis. Die, die diese Entwicklung am meisten aufhalten wollen, sind a priori nicht zur Wahl gegangen. Ihre Stimmen haben gefehlt, und die andere Seite hatte dadurch ein unnatürliches Übergewicht.
Parteien wie die AfD profitieren davon, auch indem sie ihre Wähler mobilisieren können, was den etablierten Parteien zunehmend schwerer fällt. Auch weil der Neobazi der CSU AfD-Pamphlete salonfähig redet.