Seiten

Montag, 22. April 2013

Markt.de auf NDR deckt (k)einen Skandal auf...

Gerade habe ich aus lauter Zufall ein wenig ferngesehen. Aus eben diesem Zufall lief die Sendung Markt.de auf dem NDR. Sie läuft übrigens immer noch. Der Aufmacher der Sendung drehte sich um Benzol. Und zwar ist die zugelassene Höchstdosierung in Trinkwasser ein Mikrogramm. Ein Mikrogramm, das ist ein Millionstel Gramm.
Nun hat das Format verschiedene Erfrischungsgetränke verschiedener Hersteller auf Benzol testen lassen. Und siehe da: Einige wiesen einen höheren Benzolgehalt auf, als für Trinkwasser erlaubt ist. Zwei Mikrogramm, vier Mikrogramm, ein Fruchtsaft von EDEKA schaffte es bei einer zweiten Probe sogar von sechs Mikrogramm auf zwanzig Mikrogramm.
Ein an der Untersuchung beteiligter Forscher wies auch ganz zu Anfang darauf hin, wie gefährlich und giftig Benzol ist. Und dass es schlecht für das Erbgut ist.
Anschließend deckte Markt.de noch auf, dass der Benzolgehalt von einem Konservierungsmittel namens Benzoesäure stammt.
Darüber hinaus fand Markt.de heraus, dass das Problem bekannt ist und dass der organisierte Getränkehandel in Zukunft auf Benzol verzichten wollte. Das war 2005, wenn ich diesen Teil des Berichtes noch richtig im Kopf habe. Nur leider sind die Hersteller der getesteten Getränke nicht im Verband organisiert und reagieren recht unterschiedlich auf die Enthüllungen von Markt.de. Ein Teil will in Zukunft auf Benzoesäure als Konservierungsmittel verzichten, ein Teil hält sie für unverzichtbar.
Markt.de ließ es sich nicht nehmen, Passanten mit dem Benzolgehalt in den Erfrischungsgetränken zu konfrontieren und darüber zu informieren, dass es zwar einen Grenzwert für Trinkwasser gibt, aber keinen für Erfrischungsgetränke. Die Reaktionen der Passanten waren entsprechend frustriert und ärgerlich.
...sacken lassen.

Okay, natürlich ist es unerfreulich, wenn man denkt, man tut seinem Körper was Gutes mit einem isotonischen Sportdrink oder einem Orangensaft, nur um dann zu erfahren, welches Gift manche Hersteller ohne Not mit reinpacken. Nur... Ist dem wirklich so?
Jeder, der den Links auf die Benzoesäure und das Benzol zur Wikipedia gefolgt ist, kann selbst nachlesen, wie diese Stoffe zusammengesetzt sind, wie sie wirken und wozu sie verwendet werden, ebenso wie das Maß, ab dem sie giftig sind.
Das ist es, worauf ich hinauswill: Selbst informieren, statt nur zu konsumieren. Ich weiß selbstverständlich, dass, wenn ein Grenzwert von der Bundesregierung installiert wird, dieser nicht unmittelbar an der tödlichen Dosis liegt... Oder gar an der schädlichen Dosis, sondern eine ganze Ecke darunter. Das bedeutet, selbst der Orangensaft von EDEKA, der plötzlich zwanzig Mikrogramm Benzol enthalten hat, hat zwar zwanzigmal soviel Benzol, wie in Trinkwasser geduldet wird, aber damit ist der O-Saft nicht automatisch tödlich.
Tatsächlich gibt es eine Studie des Fraunhofer-Instituts, die zehn Milliliter oder acht Komma acht Gramm!!! als tödliche Dosis ansieht; die Wikipedia schreibt was von fünfzig Milligramm pro Kilo Körpergewicht. (Das ist schon etwas geringer und gefährlicher. Etwas.) Und jetzt rechnen wir mal alle. Der Grenzwert von Benzol im Trinkwasser ist ein Mikrogramm. Ein Mikrogramm ist ein Tausendstel Milligramm. Ein Tausendstel Milligramm ist ein Millionstel Gramm, wie ich oben schon erwähnt habe. Die tödliche Dosis, der Einfachheit halber nehme ich mal die Zahl der Fraunhofer, ist acht Komma acht Gramm.
Ich bin nun weder Chemiker, noch Biologe, noch ein Mediziner. Aber hätte man den O-Saft geschüttelt und gerührt und auf den Tisch geklopft, wäre er ein hochpotentes homöopathisches Präparat geworden, immerhin ein D8, und hätte seine Wirkung entsprechend verstärkt. Da das aber vergessen wurde, da ja alle Konsumenten dieser diversen Erfrischungsgetränke noch leben, können wir an dieser Stelle aufhören, die Homöopathen zu ärgern und uns direkt an die Macher des Reports wenden.

Liebes Markt.de-Team, lieber NDR. Natürlich ist es ärgerlich, wenn ein Konservierungsmittel wie Benzoesäure, die wahrscheinlich nicht mehr Verwendung finden muss, noch immer in unseren Getränken zu finden ist. Natürlich ist es ärgerlich, wenn Produzenten nicht darauf verzichten wollen. Und natürlich ist es erschreckend, dass manche Erfrischungsgetränke ein Mehrfaches des obersten Grenzwerts des Benzols für Trinkwasser erreicht haben. Aber mal ganz ehrlich: Ist es das wert, um Menschen zu erschrecken und zu demoralisieren, ihnen den Glauben an einen funktionierenden Staat zu nehmen und ihnen Angst vor den Lebensmitteln zu machen, nur damit Ihr Eure Reportage habt? Wie Ihr selbst berichtet habt, gibt es keinen gesetzlichen Grenzwert für Benzol in Erfrischungsgetränken. Und wie ich weiß, ist ein Grenzwert grundsätzlich weiiit weit weg von den kritischen Werten entfernt. Somit sind auch die gemessenen Werte in den Getränken auch weiiit weit von schädlichen Werten entfernt.
Ich gehe sogar so weit und behaupte, dass die Menschen auf der Straße, die Ihr befragt habt, durch den Straßenverkehr mehr Benzol aufgenommen haben als durch die "kontaminierten" Getränke.
Also: Viel Rauch um überhaupt nichts im Benzol-Land. Wäre natürlich durchaus schön, wenn es in Zukunft keine Benzole mehr in Getränken geben würde, muss aber nicht unbedingt sein.
Außer natürlich, Ihr könnt mir schlüssig beweisen, warum ein Getränk, das mit vier Mikrogramm Benzol den Grenzwert für Wasser um das Vierfache überschreitet, für den Menschen so gefährlich werden kann - wenn es zugleich ein Zwei-Millionstel der lethalen oralen Dosis darstellt, die, wie wir jetzt ja wissen, bei acht Komma acht Gramm liegt. Und das würde ich wirklich gerne wissen. Denn wenn Ihr das nicht erklären könnt, haben wir hier meines Erachtens einen gefährlichen Stoff in einer ungefährlichen Dosis. Nicht mehr und nicht weniger.

P.S.: Ich habe mich gleich gewundert, warum Ihr ständig den Grenzwert für Trinkwasser verwendet habt. Und noch mehr habe ich mich gewundert, dass die Benzolwerte so moderat über diesem Grenzwert gelegen haben. Im Moment seid Ihr bei mir echt in Erklärungsnotstand, liebe Markt.de-Leute.

Keine Kommentare: