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Montag, 22. September 2014

Was macht Ebola harmloser als Schweinegrippe?

Harmloser? Ebola? Habt Ihr das jetzt richtig gelesen? Ja, doch, oder? Aber warum wählt Ace einen so irreführenden Titel bei einer Krankheit, die beim ersten epidemischen Ausbruch im Kongo stolze 88% Sterberate hatte?
Ich versuche es mal nicht so kompliziert zu machen, auch, weil ich selbst kein Fachmann bin und einiges selbst nicht verstehe. Zuerst einmal verlinke ich auf den Blog von Lars Fischer, der alle Antworten bereits vorab gegeben hat. Sowohl zur Tödlichkeit, zur Gefährlichkeit, zur Ansteckung, und, und, und. Dabei fiel mir der wichtigste Satz relativ früh auf: "2000 Infizierte in vier Monaten. In der Zeit geht ne Grippe um die Welt."

...sacken lassen.
Ich weiß zwei Dinge definitiv: Ebola ist nicht so präsent in den Medien wie die Schweinegrippe auf ihrem Höhepunkt. Und bisher wurde auch vermieden, eine Ebola-Epidemie, die wir in Afrika zweifellos haben, zur Pandemie hochzuschreien, wie es bei H1N1 der Fall war.
Das hat einen, genau einen Grund, und der ist NICHT, dass die Medien gelernt haben und vorsichtiger mit sensationsheischenden Schlagzeilen und Panik verbreitenden Auflagenverstärkenden Artikeln umgehen. Ebola ist einfach zu weit weg. Glücklicherweise für alle mit schwachem Herzen, die sonst wieder Schauergeschichten in der Zeitung lesen müssten.

Aber mal ein paar Fakten hingeknallt: Ebola und H1N1 sind beides Viren. Aber Ebola gehört nicht wie H1N1, also die klassische Schweinegrippe, den Grippeviren an.
Damals, 2009, habe ich eine Menge über das Thema Schweinegrippe gebloggt und anhand der bisher veröffentlichten Fakten aufgezeigt, dass es sich bei H1N1 um eine eher harmlose Grippe mit moderaten Ansteckungszahlen und vergleichsweise geringen Todesfällen handelte. Auslöser der damaligen Panik war die erste Infektionswelle in Mexico City, die hauptsächlich junge Leute betraf und ihr deshalb den Beinamen einer Killergrippe einbrachte. Tatsächlich aber wurden ältere Leute eher weniger infiziert, weil sie gegen H1N1 eine natürliche Immunität aufgebaut hatten. Nämlich 1960, als eben genau dieser Virenstamm bereits einmal durch diese Weltregion zog. Die Folge waren einige berechtigte und viele vollkommen substanzlose Befürchtungen, ein wenig Panik und die Tatsache, dass Deutschland damals auf zwanzig Millionen Dosen an Impfstoff gegen die Schweinegrippe sitzen blieb, die das Land für teures Geld in den USA eingekauft hat.

Ebola ist anders. Es ist kein Grippe-Virus. Es nimmt einen ähnlichen Ansteckungsweg, findet seinen Weg nicht nur über Blut, Auswurf, Exkremente, sondern wahrscheinlich auch über Tröpfcheninfektion. Aber die Ansteckungsrate ist eher gering: Fast sechstausend Krankheitsfälle mit rund neunundvierzig Prozent Todesfällen klingt viel, Aber betrachten wir die Fakten. Sierra Leone, Guina, Liberia und Sierra Leone haben zusammen rund 21 Millionen Einwohner. Es sind relativ kleine Länder. Trotzdem entfällt das Gros der Infektionen auf diese vier. 99% fanden hier statt. Und das waren eben die rund sechstausend Fälle, genauer gesagt 5335, davon knapp die Hälfte Todesfälle.
Zum Vergleich von mir ein uralter Satz: In einer normalen Grippesaison sterben in Deutschland zwischen fünftausend und zwanzigtausend Menschen. Wir haben hier rund achtzig Millionen Mitbürger. Allerdings gehen in der Grippezeit die Ansteckungsraten auch in die Hunderttausende, wenn nicht Millionen.

Also: Wenn jemand die Ebola-Pandemie-Paniktrommel rührt, glaubt ihm nicht. Sicher, Ebola ist mit einer Fifty-Fifty-Chance auf Überleben oder Sterben eine hochwirksame Krankheit, zugegeben. Aber es sind nur 0,02 Prozent der Bevölkerung dieser vier Länder infiziert worden, und davon starb knapp die Hälfte.
Ich sage es hier nochmals: Die Epidemie ist schlimm, vor allem für jene, die daran gestorben sind. Und mangelnde Aufklärung und Todesangst machen den Überlebenden auch noch das Leben schwer, da sie wider gesicherter Fakten immer noch als Überträger angesehen werden; die medizinische Versorgung gestaltet sich nicht nur durch die hohe Ansteckungschance als schwierig, sondern das Fehlen einer rigorosen Vorbereitung wird hier immer deutlich, wenn Infizierten die Behandlung aufgrund mangelnder Kapazitäten verweigert wird. Aber die Epidemie ist nicht groß.

Fazit: H1N1 als Vertreter der Grippeviren hatte es leichter, konnte sich schneller ausbreiten. H1N1 hatte nicht eine derart hohe Todesrate (in Deutschland wurden der Schweinegrippe 141 Todesfälle zugeschrieben, wenn ich mich recht erinnere), aber wesentlich höhere Ansteckungsraten.
Ebola ist tödlich. Wie ein Münzwurf. Je nachdem, welche Seite oben liegenbleibt: Tod oder Leben.
Dazu kommen die Spätfolgen, wenn man einen längeren Zeitraum hämorrhages Fieber hatte, das ohne weiteres Symptom der Schädigung innerer Organe sein kann. Und zwar sind die Gesundheitssysteme in den betroffenen afrikanischen Nationen kurz vor dem Kollaps oder darüber hinaus, aber das eher aufgrund mangelnder Ausbildung, geringem Personalstand und fehlender Vorbereitung auf einen Ebola-Ausbruch. Dass die Vereinten Nationen eingreifen, nachdem die WHO den Notstand für die betroffenen Länder ausgesprochen hat, ist nur recht und billig.
Aber selbst in jenem unwahrscheinlichen Fall, dass das Virus Ebola in ein deutsches Ballungsgebiet käme und sich dort ungehindert ausbreiten könnte, vielleicht mit Infektionsfällen im fünfstelligen Bereich - WIR wären für einen solchen Fall gerüstet und auch in der Lage, die medizinische Versorgung aufrecht zu erhalten. Das ist der bittere Punkt in der Geschichte.
Unsere Schlussfolgerung muss daher sein, in Zukunft anders mit Ebola und anderen Infektionskrankheiten umzugehen. Niemand braucht einen zweiten Schweinegrippe-Hype, niemand zwanzig Millionen Dosen Impfstoff, von denen neunzehn Millionen nicht verbraucht werden.
Aber: Afrika ist das Heimatland von Ebola. Diese Krankheit wird wieder und wieder auf Menschen übertragen werden und dort Epidemien auslösen. Was wir also tun müssen, ist nicht die Scherben auflesen, nachdem der Krug zerbrochen ist, sondern die afrikanischen Länder jetzt schon in die Lage zu versetzen, der nächsten Epidemie aus eigenen Kräften entgegen zu treten und der Bevölkerung die Ansteckungswege zu vermitteln, damit sie sich selbst schützen kann. Das wird der nächste große Schritt sein, der in Afrika durch die WHO stattfinden muss. Und er hätte schon vor Jahren stattfinden müssen.

Edit am nächsten Tag: Manchmal habe ich das, schreibe einen Titel und tippe drauflos undbringe dann die Erklärung nicht mit ein. Die reiche ich jetzt hiermit nach. Es ist zweifellos feststellbar, dass Ebola tödlicher ist als Schweinegrippe. Sehr viel tödlicher. Die Ansteckungsraten sind viiiel geringer, dennoch wird Ebola in den Medien nicht so behandelt, wie es sollte. Schweinegrippe, die sehr viel harmloser war, wurde zweifellos überhyped, aber über sie wurde umfassender berichtet. Das bewirkt den Eindruck, Ebola sei harmloser, und das finde ich nicht gut. Nur eines stimmt an dieser Sichtweise: Ebola ist weit weg. Weiiit weiiiiiiit weg. Noch.

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