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Mittwoch, 8. Oktober 2014

Eine Rezension: Robin Hood erläutert von Neil Philip

So. Ich habe also den #Lesezwinger angenommen und verloren. Meine Aufgabe war, gestellt dem guten @wortwerken: Finde mir ein Buch, in dem die Bösen die Guten sind, weil die Guten noch böser sind.
Seine Antwort: Robin Hood. Ich gebe zu, das war gut gespielt.
Als Verlierer der Herausforderung habe ich mir nun auf Amazon ein gutes altes analoges Buch geordert, das Robin Hood zum Thema hat, um eine Rezi drüber zu schreiben. ...ich erwischte ein Kinderbuch.
...ich bin darüber nicht traurig, denn ich habe ein ziemlich gutes Buch erwischt.

Die visuelle Bibliothek - Klassiker für Kinder proudly presents: Robin Hood, Text von Neil Philip, Illustrationen von Nick Harris, erschienen im Gerstenberg-Verlag, gedruckt 1998. ISBN3-8067-4740-7

Wie ich schon erwähnte, handelt es sich bei dieser Robin Hood-Version um eine für Kinder. Das hat viele Vorteile. Anstatt eines Romans erhielt ich eine Erzählung über die eigentliche Legende von Robin Hood, untermalt mit vielen Illustrationen und Erklärungen, die (nicht nur) mir die Zeit und die Leute sehr viel näher gebracht haben. Somit blieb mir auch nicht erspart, dass der Robin Hood der Legende tatsächlich von seinen Feinden getötet wurde, was die Legende abschließt. Gell, das verschweigt uns Hollywood.

Aber von Anfang an: König Richard I. weilt auf Kreuzzug im Heiligen Land. Derweil führt sein Bruder John die Amtsgeschäfte, was dazu führt, dass seine örtlichen Steuereintreiber, die Sheriffs, ziemlich freie Hand haben, solange sie nur genügend Einnahmen heranschaffen - das ideale Millieu für eigensüchtige und nach Besitz gierende Männer wie den Sheriff von Nottingham.
Derweil erklärt sich der junge Robert, Graf von Huntington, der lieblichen Maid Marian Fitzgerald und bittet sie darum, ihn zu heiraten. Marian willigt ein, und Robins Heirat wird von Worman, Robins Verwalter, belauscht. Was das liebende Paar nicht weiß: Worman plant Verrat.
Am Tag der Hochzeit platzen der Sheriff und sein bester Mann Guy von Gisborne mit zehn Männern in die Kirche und erklären Robert von Huntington zum Wolfsschädel.
(Hierzu muss man wissen, dass man damals für einen Wolfskopf ein Handgeld von fünf Shilling einstreichen konnte. Wer einen Reichsverräter umbringen oder der Justiz ausliefern konnte, erhielt das gleiche Handgeld, sodass man Reichsverräter eben auch Wolfsschädel nannte Dies ist nur eine von vielen nützlichen Hintergrundinformationen, die dieses Buch liefert; es platzt geradezu vor Erklärungen und Erläuterungen.)
Robert kann diese Anklage nun vor dem König verhandeln lassen. Aber, Hey, der ist im Heiligen Land, und seine Rückkehr ist derzeit ungewiss. Das bedeutet, Robert würde die Zeit schmachtend im Kerker verbringen müssen, bis Richard zurückkehrt. Da er seines Titels und seiner Ländereien ohnehin verlustigt ist, bricht er aus und verbirgt sich fortan im Wald und nimmt den Namen Robin Hood an.

Wie ich schon erwähnte, strotzt das Buch vor Erklärungen und Illustrationen. Das weitere Buch greift ab jetzt Kapitelweise besondere Legenden um Robin auf, von denen ich, da sie alle abgeschlossen sind, drei vorstellen will.
In den Wald folgen ihm einige seiner Freunde und Lehnstreue, wie der berühmte Will Scarlett. Auch Little John trifft er im Wald wieder, als dieser, gerade frisch geächtet, sich dem berühmten Banditen, der von den Reichen stiehlt und den Armen gibt, anschließen will.
Wie aber hat Robin den lustigen und streitbaren Gefährten Bruder Tuck kennengelernt?
Nun dringt das Gerücht an Robins Ohren, an der Fountains Abbey, einer Abtei, wäre ein besonders streitbarer Mönch. Robin beschließt, ihn kennenzulernen und trifft tatsächlich besagten Mönch namens Michael Tuck beim Schwerttraining vor. Robin bittet ihn um eine gute Tat und lässt sich über den nahen Fluss tragen. Als Gegenleistung verlangt der gute Tuck, dass Robin nun ihn trägt. Das geht zweimal so, und Robin ruft mit seinem Horn sechs seiner Gefährten herbei. Bruder Tuck lässt sich nicht lumpen und pfeift seinerseits nach sechs Hunden. Nach einigem Gerangel zieht Robin zurück, und auch der Bruder pfeift die Hunde weg. Dann bittet Robin den Mann darum, seinem bunten Haufen beizutreten, für soviel Wildbret des Königs, wie er essen möchte. Eine verlockende Aussicht, der der Bruder schließlich zustimmt. So kam Bruder Tuck zur Runde der Gesetzlosen.
Das Buch bietet hierzu allerlei Erklärungen: Eine ganze Doppelseite an Zeichnungen und Erläuterungen befassen sich mit dem Leben der Mönche jener Zeit in einer englischen Abtei.

Szene zwei ist so berühmt, dass fast jeder Robin Hood-Film sie aufgreift: Das Bogenschützenturnier.
Robin Hood, bekannt für seine Treffsicherheit (da Bogenschießen auch für Edelleute vom König gefördert wurde, ist auch Robert von Huntington in dieser Kunst bewandert), soll ein für allemal erledigt werden. Daher ersinnen der Sheriff und Gisborne einen teuflischen Plan. Ein Bogenschützenturnier, bei dem als Preis ein silberner Pfeil winkt, soll ihn anlocken.
Tatsächlich weiß Robin, dass es eine Falle ist, aber die Verlockung ist beinahe zu groß. Eher durch Zufall begegnet Robin, als er sich ablenken will, einem Töpfer, den er kennt und der seine Waren auf dem Turnier verkaufen will. Robin bietet ihm an, an seiner statt mit seinen Leuten Wildbret zu essen, während er selbst als Töpfer verkleidet am Turnier teilnehmen kann. Der Töpfer willigt ein, wenn Robin denn seine Waren verkauft.
Die beiden tauschen und Robin reist nach Nottingham. Dort entdeckt er sein Talent als Verkäufer und hat bald fast alle Waren verkauft, bis ihm wieder einfällt, warum er eigentlich in Nottingham ist. Es gelingt ihm, noch rechtzeitig zum Turnier zu kommen. Die Entfernung des Ziels ist so groß, dass nur wenige Männer die Scheibe treffen, und noch weniger die Mitte. Der einzige, der ins Schwarze trifft, das kleinste Ziel, ist Robin Hood in seiner Verkleidung, und zähneknirschend überreicht ihm der Sheriff, der ihn nicht erkennt, den Siegerpreis. Allerdings benutzte Robin seine Pfeile mit Pfauenfedernbesatz, und bevor der Sheriff eins und eins zusammenzählen kann, verlässt er lieber flugs die Stadt.

Szene drei wird fast immer übergangen. Ich kenne nur einen Film, in dem sie so in etwa vorkommt, und das ist Robin&Marian mit Sean Connery als Robin und der grandiosen Audry Hepburn als Maid Marian. Hier stirbt Robin tatsächlich, als Marian ihn und sich vergiftet.
Im Buch, also nach der Legende, ist es ein wenig anders. Jahre, nachdem Richard von den Kreuzzügen zurückgekommen ist und Robin rehabilitiert hat, damit Robin Hood wieder Robert of Huntington werden konnte, trifft die Nachricht ein, dass der König beim Sturm auf ein französisches Schloss getötet wurde. Der König, kinderlos geblieben, wird nun beerbt von seinem Bruder John. Damit haben der gleiche Herrscher und seine gleiche Klüngel wie damals, als Robert zu Robin werden musste, wieder die Macht in Händen, und Robert ist zu Recht nicht sehr positiv auf diese Entwicklung eingestellt. Tatsächlich, als Robert im Sherwood Forest, wo noch immer einige seiner Männer leben, nach dem Rechten sehen will, trifft er einen Bogenschützen mit Pferdemaske, der einen Führer zu Roberts Männern verlangt. Nachdem sie in einem kleinen Duell herausgefunden haben, wer der bessere Bogenschütze ist, enttarnt sich der Pferdekopf als Guy of Gisborne. Die beiden kämpfen auf Leben und Tod, Robert wird schwer verletzt, aber er tötet Gisborne und trennt ihm den Kopf ab, da er Marian gegenüber sehr respektlos gewesen war. Dennoch sucht Robert nach seinen Leuten. Er findet zwei von ihnen tot, gehetzt von den Männern des Sheriffs, Will Scarlett auf der Flucht und Little John gefangen. Robin greift zu seinen Gunsten ein und verjagt den korrupten Steuereintreiber und seine Männer. Danach bricht er zusammen. Seine überlebenden Männer beschließen, ihn ins Lager zu bringen.
Am nächsten Tag beschließt der schwer verletzte Robert, in der Kirche der heiligen Maria zu beten, weil ihn böse Vorahnungen plagen. Er wird verraten, kommt ins Verlies, aber durch eine List können seine Männer ihn befreien. Sie entscheiden, ihn für seine Genesung zu seiner Cousine zu bringen, der Äbtissin zum Kloster Kirklee, die ihm Obdach anbietet und für seine Heilung mit einem Aderlass sorgen will. Da sie Robin aber Titel und Besitz neidet, verschließt sie die Ader nicht mehr. Robin blutet aus.
Als er erkennt, dass er verraten ist, setzt er ein letztes Mal das Horn an und ruft seine Gefährten und Marian herbei. Sein letzter Wunsch ist sein Bogen. Durch das offene Fenster schießt er einen Pfeil und verkündet, dass er dort, wo der Pfeil gelandet ist, in seinem geliebten Wald begraben werden will. Dann stirbt er, noch jung an Jahren, aber schon zu Lebzeiten eine Legende.

Mein Fazit: Auch für Erwachsene ein sehr lesenswertes Buch. Die Illustrationen und vor allem die Erklärungen und Schilderungen machen aus dem Buch einen Quell des Wissens und des Hintergrunds. Man versteht viele Dinge wesentlich besser, die im Buch angesprochen, aber in allen Filmen ignoriert werden. Zum Beispiel der Aderlass bekommt seine Erklärung, und die letzten Seiten sind der Geschichte des Film-Robin Hoods gewidmet, von der Stummfilmzeit bis hin zu Kevin Costners "Der König der Diebe". Die Illustrationen mögen nicht jedermanns Geschmack sein, aber sie sind zum Beispiel für einen vorlesenden Vater eine wunderbare Krücke. (Auf dem Titelbild sieht Robin irgendwie wie Mark Hamill aus, finde ich.)
Alles in allem ein Nachschlagewerk, keinesfalls ein Roman, eng an der Legende, und ein wundervoller Erklärbär. Ich bereue nicht, es gelesen zu haben, und fortan findet es einen guten Platz in meiner Bibliothek. Danke, #Lesezwinger. ^^V

2 Kommentare:

Silviak hat gesagt…

Und warum sind in Robin Hood jetzt die Guten noch böser als die Bösen? Ich hatte irgendwie auf eine Erklärung im Text gehofft, aber keine gefunden ^^
Und was verbirgt sich hinter der Lesezwinge?

Ace Kaiser hat gesagt…

Ah, sorry, ich dachte, die Legende von Robin Hood ist so allgemein bekannt, dass ich diesen Aspekt nicht zu erläutern brauche. Robin und seine Männer sind Geächtete. Wolfsköpfe. Verräter wider dem König. Das Böseste vom Bösesten, was die damalige Rechtssprechung kennt. Der Sheriff und seine Leute jedoch sind Mannen des Königs, seine Augen, Ohren und Hände, direkte Vertreter seiner Königlichkeit. Die Edelsten vom Edelsten.
Ich hoffe, das beantwortet Deine Frage ein wenig, sofern Du (wovon ich ausgehe) die Legende von Robin Hood kennst.

Der Leserzwinger... Nun, das ist eine witzige Geschichte, genaueres steht wahrscheinlich in der Wikipedia.
Im Prinzip läuft es so: Jemand fordert Dich heraus, ein bestimmtes Buch für ihn zu finden (wobei es sich durchaus um eine Leseempfehlung handeln kann. Der @nerdlicht wollte zum Beispiel nur was Neues lesen, als er mir meine Aufgabe gestellt hat.)
Schafft er es nicht, bestimmst Du ein Buch, das er lesen muss. Schafft er es, liest Du das Buch und hinterlässt eine Rezension. Der Geforderte darf dann seinerseits jemanden herausfordern...
Wie gesagt, mehr auf der Wiki.