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Mittwoch, 5. August 2015

Ja, wo ist er denn, der Grexit? II Diesmal als Rant

Stimmt, ausnahmsweise geht es heute nicht ums Schreiben, sondern wieder um die Weltpolitik, oder im engsten Sinne um die Europapolitik. Aber nicht nur um das oben im Titel erwähnte Griechenland und dem Mythos des erzwungenen Euro-Ausstiegs, der angeblich... wenn sich alle einig sind... anhand der unterzeichneten Verträge... irgendwie möglich ist... wenn Griechenland zustimmt...
Nein, es geht nicht nur darum, wie Europa dieses Land beutelt. Es geht auch darum, wie sehr das Land in Stich gelassen wird.

Aber zuerst möchte ich den Grexit beleuchten. Ich habe es gesagt, oder? Ich habe es gesagt: Es wird keinen Grexit geben. Denn nur das griechische Parlament kann den Grexit beschließen, auf gar keinen Fall aber Mutti Merkel oder Wolfgang "grauer Tiger" Schäuble. Dennoch hat der graue Tiger Varoufakis das Genick gebrochen und Tsipras mindestens symbolisch ins Gemächt getreten. Sein Vorschlag des "vorläufigen Grexit" ist nicht anders zu verstehen denn als Versuch der Kastration der Syriza, was ja auch wunderbar geklappt hat, und der Rücktritt von Varoufakis erscheint mir heute noch mehr wie die kleinliche Rache eines alten Mannes an jemandem, der ihm erfolgreich und faktenbasiert widersprochen hat.
Vorweg eines: Ich glaube an den Schuldenschnitt. An die Schuldenneuberechnung, die Fristenverlängerung, und auch an den Zinsschnitt. Warum ich das sage? Tsipras hatte über sechzig Prozent der Bevölkerung hinter sich. Sie alle sagten nein zu den Forderungen der Troika. Trotzdem ist er umgekippt und hat sämtliche Maßnahmen beschließen lassen, gegen die er protestieren wollte?
Wie ist das möglich? Hat der Mann kein Rückgrat? Oder gab es hinter verschlossenen Türen ein paar Versprechen, die die Öffentlichkeit nicht erreicht haben, so nach dem Motto: "Alexis, hör mal, wir müssen unser Gesicht wahren und wir müssen die Bankensubventionierung unbedingt beibehalten. Wenn du uns gut aussehen lässt und wenn du es schaffst, noch ein halbes Jahr im Amt zu bleiben und unsere Reformen durchsetzt, dann führen wir den Schuldenschnitt der IWF durch und verlängern und reduzieren die Zinszahlungsziele für Griechenland."?
Letzteres kann ich mir sehr gut vorstellen, denn selbst die IWF hat schon VOR den Verhandlungen genau diesen "dringend nötigen" Schuldenschnitt ins Spiel gebracht.
Und er wird kommen, sobald "sich Griechenland mustergültig beim Sparkurs verhalten hat". Wobei Schäuble eine Regierung der alten Eliten sicher lieber wäre als Tsipras' Syriza als Partner.

Und noch mal für alle ein paar wichtige Fakten: Das Geld, das von unserem Parlament immer wieder gebilligt wird, geht nicht nach Griechenland. Es verweilt ein, zwei Tage auf einem griechischen Konto, und dann werden damit Forderungen der Gläubiger bedient. Aber wer hält heutzutage noch Schuldanleihen aus Griechenland? Außer der einen oder anderen griechischen Bank, die diese einfach nicht loswird? Richtig: Europäische Banken, allen voran die EZB. Die Zeit recherchierte das schon 2011, und daran hat sich nichts geändert. Angereichert mit ein paar Milliönchen Steuergeldern aus griechischen Kassen fließt es zurück zur Europäischen Zentralbank, und von dort als Überschuss wieder in die Kassen der Staaten Europas. Was hat dieser Kreislauf für einen Sinn? Außer natürlich, weiteres Buchgeld aus dem gebeutelten Mittelmeerstaat abzufischen? Die einfachste Erklärung ist die: Damit man behaupten kann, unser Geld fließt nach Griechenland. Die zweiteinfachste Erklärung: Die Banken wollen es so.
Mit diesem Geld werden keinesfalls die "übergroßen griechischen Renten und Pensionen" finanziert.
Aber wenn Griechenland Staatseigentum für, so behauptet das der Schäuble, rund fünfzig Milliarden Euro verscherbelt, dann darf es ein Viertel von dem Geld für dringend erforderliche Investitionen im Inland behalten. Falls es diese fünfzig Milliarden überhaupt einnimmt. Ist das nicht nett von der EU?

Ich wurde auf Facebook von einem Freund darauf hingewiesen, dass in vielen staatlichen Betrieben Investitionen für Modernisierungen dringend notwendig sind, um sie überhaupt konkurrenzfähig zu halten, und dies ginge am einfachsten über den Verkauf, weil dies die Investoren eher anlockt als eine eher ungeliebte Beteiligung an einer staatlichen Firma. Gut, das mag sein. Dem versperre ich mich nicht - ich habe dabei allerdings auch nicht mitzuentscheiden. Hätte ich das allerdings, dann würde ich eine ganz klare Grenze bei der Grundversorgung ziehen. Strom, Wasser, Gas, Post, Krankenhäuser, Bahn, all das würde ich ums Verrecken nicht privatisieren. Was dann passiert, wissen wir ja alle. Zum Beispiel teilen sich in Deutschland vier große Konzerne den Kuchen, weshalb wir in Europa den höchsten Strompreis zahlen, obwohl die Preise an der Strombörse purzeln. Und auch Personen, die zu anderen Anbietern wechseln als E.ON, Vattenfall und Co. entkommen ihnen nicht wirklich, denn selbst am kleinsten Stadtwerk ist mindestens einer der großen Vier irgendwie auch noch beteiligt und hält mit Sicherheit zumindest eine Sperrminorität
Und deshalb können uns die großen Vier auch vorjammern, sie müssten Großkraftwerke in die Nordsee setzen und eine Stromtrasse nach Süddeutschland legen, um den Strom zu den dortigen Industrien bringen, oberirdisch natürlich, sonst kostet das zu viel (dabei hat mir mein MdB Bernd Westphal vor über vier Jahren schon zugebrüllt verraten, die Strompreise wären so hoch, weil die Unternehmen für den Umbau des Netzes Mittel zurücklegen würden - war anscheinend nicht genug für die Erdverkabelung, zumindest nicht bis zum Machtwort aus Berlin). Dabei läge die Zukunft der Energieversorgung eher in der dezentralen Versorgung in kleinen Stadtwerken und kleineren Energieprojekten, nicht darin, die abgeschalteten Atomkraftwerke gegen Großkraftwerke in Form von Offshore-Windparks auszutauschen. Die Spargel alle über Deutschland zu verteilen dürfte für die - zugegeben, wesentlich umweltfreundlichere und von mir auch geschätzte - Windenergie wesentlich mehr bringen als die Bündelung in der Nordsee, aber das ist nur die Meinung eines Mannes, der die Dezentralisierung bevorzugt, nicht die Bündelung.
Mein Fazit also: Die Versilberung der Grundversorgung wird mit Sicherheit kommen, die Griechen werden noch mehr Geld dafür ausgeben müssen, um überhaupt leben zu können, und ob die Privatisierung anderer Staatsbetriebe überhaupt erstmal die bestehenden Jobs erhält, geschweige denn die Höhe der bisherigen Gehälter, wage ich doch ernsthaft zu bezweifeln.
Immerhin ist es sogar hier in Deutschland üblich, verschiedene Löhne für gleiche Arbeit zu bezahlen, und das nur, indem die deutsche Post mal eben ein paar Tochterunternehmen gründet. Wenn das bei uns möglich ist, dann wird es in einem Land wie Griechenland, dem das Rückgrat gebrochen wurde, noch richtig lustig werden. Natürlich nicht für die Arbeiter und Angestellten, aber für die potentiellen Investoren, die jetzt ein Billiglohnland ausgerechnet in Westeuropa zum Austoben haben werden...

Weiterer Unsinn ist im Übrigen die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 23% - zehn Prozent mehr, die jetzt vor allem die einfachen Bürger aufbringen müssen. Ich meine, hierzulande wettert die Zeitung für Hetze und Schuldzuweisung, die Griechen sollen doch ihre Inseln verkaufen, und ihre Reeder und ihre Milliardäre besteuern, vor allem aber ihr Schwarzgeld zurückholen. Und dann ist nicht eine einzige Maßnahme aus dem Forderungskatalog darauf ausgelegt, diese demographische Gruppe überhaupt zu erreichen. Keine Schwarzgeldmaßnahmen, keine Sondersteuer auf Reiche (an die Reeder gehen die eh nicht ran, denn die bezahlen europaweit keine oder nur wenige Steuern), keine Erbschaftssteuer für Mega-Erbschaften - aber die Renten und Pensionen sollen weiter gekürzt werden. Das stört hier aber keinen, weil die Solidarität in Europa mit den einfachen Leuten in den anderen Ländern erfolgreich totdemagogiert wurde. Wieder von der uns bekannten Zeitung, aber auch von Stammtischparolenparteien wie AfD und, ja, der CSU.
Ich meine, wie viel Ouzo verbraucht ein Reicher so am Tag, wie viel Tzaziki braucht er, und wie viele nagelneue Sportwagen wird er die Woche kaufen und damit die Mehrwertsteuererhöhung um zehn Prozent mittragen? Ich verrate es Euch: Der superreiche Grieche wird unter dreiundzwanzig Prozent Mehrwertsteuer eher kaum so leiden wie der einfache Bürger. Weil er nicht mehr braucht als die kleinen Leute, weil er nur eine begrenzte Anzahl an Sportwagen kaufen kann und weil er, ja, wesentlich mehr Geld zur Verfügung hat. Das immer noch sakrosant ist.

Alles in allem mag sich dieses kleine Land in den Euro geschmuggelt haben, mag es gelogen haben, mag es zu hohe Pensionen bezahlt haben, mag es zu viele Beamte bezahlt haben, die gar nicht existieren, und meinetwegen mag es ein Ausbund an Korruption und Vetternwirtschaft sein, das die Mafia neidisch über die Adria blicken lässt - trotzdem ist der europäische Forderungskatalog ein Lebensverschlechterungspapier für die ganz normalen Bürger, wie wir sie auch sind. Aber "die Griechen haben das ja nicht anders verdient", oder wie?
Meine Idee ist ja, dass Griechenland gezielt ruiniert wird, damit die Arbeitslosen für nen Appel und nen Ei bereit sind, in Deutschland zu arbeiten. Der Mindestlohn ist immer noch günstiger als mancher Branchenlohn. (Dazu fällt mir Robert Bosch ein: Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe; ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne zahle.)
Zusammenfassend beklage ich nicht nur die Ausbeutung des ganz normalen Griechen, sondern auch den Zusammenbruch der innereuropäischen Solidarität und den fehlenden Willen, neben der Bankenrettung etwas wirklich effektives für Griechenland zu tun. Hier Gelder für vier Prozent zu leihen und dieses Geld für sechs Prozent an die Griechen weiterzureichen ist jedenfalls nicht diese Hilfe.

Und Zusammenbruch der innereuropäischen Solidarität ist auch das nächste Stichwort. Die "feigen, faulen, Ouzotrinkenden, Syrtaki tanzenden, Siestamachenden Griechen" bewältigen gerade ohne jede Hilfe von uns eine Aufgabe, die uns eigentlich genauso angeht wie die Griechen selbst. Über Griechenland, genauer gesagt über seine Inseln im ägäischen Meer ergießt sich ein Strom an Kriegsflüchtlingen aus Syrien und auch aus Afrika. Die gute Net Sparrow war kürzlich vor Ort und hat einen Bericht darüber geschrieben, den ich jedem hier ans Herz legen möchte.
Hilfe oder Geld aus Europa? Fehlanzeige. Menschlichkeit? Fehlanzeige. Die Griechen leisten, was sie können, aber hierzulande faselt man von "sicheren Herkunftsländern" und "beschleunigten Asylverfahren".
Fakt ist, die Vereinten Nationen habe Deutschland schon vor Jahren empfohlen, pro Jahr zwei Millionen Neubürger aufzunehmen, um den demographischen Wandel zu stoppen. Fakt ist, wir haben in Deutschland einen Wohnungsleerstand von rund fünf MILLIONEN Wohneinheiten. Fakt ist, wir haben eine Infrastruktur, die auf wesentlich mehr Menschen ausgelegt ist, als in diesem Land leben. Weil mehr Leute sterben als geboren werden. Fakt ist, diese syrischen Flüchtlinge kommen freiwillig zu uns, ebenso tun dies die Schwarzafrikaner, die Afghanen, und auch alle anderen, die sich als Ziel nicht England ausgesucht haben. Es sind nicht mal ansatzweise so viele Menschen, wie wir jedes Jahr aufnehmen und integrieren müssten, um das jetzige Schrumpfen der Bevölkerung zumindest zu verlangsamen. Warum tun wir das nicht? Warum entlasten wir die Griechen nicht? Die Syrer zum Beispiel haben meist einen hohen Bildungsstand, ihr Kulturempfinden ist unserem ähnlicher als man vermutet, und sie kommen nicht wegen der guten Sozialleistungen zu uns, sondern weil wir seit siebzig Jahren keinen Krieg mehr kennen, sind integrationsbereit, lernwillig und keinesfalls arbeitsscheu. Wir könnten die Flüchtlinge auf den griechischen Inseln problemlos aufnehmen. Der Platz ist da. Die Infrastruktur ist da. Die Nahrung ist da. Wir könnten die Griechen entlasten. Aber wir tun es nicht. Dies in einem Land, das von einer Partei regiert wird, die "christlich" im Namen hat, die aber statt nach christlichen Werten der Nächstenliebe zu handeln lieber "Das Boot ist voll"-Stammtischrhetorik betreibt, das ist für mich schwer zu verstehen.
Und nein, ich muss "nicht selbst Flüchtlinge aufnehmen, wenn ich schon so für sie Partei ergreife". Es gibt genügend freien Wohnraum in Deutschland. Paradoxerweise stecken wir sie lieber in Zelte auf öffentlichen Plätzen, damit sie es nicht zu komfortabel haben und lieber zurück in ihre kriegsgeschüttelten (oder von Konzernen ausgebluteten) Länder gehen. Und manche Idioten von der CSU finden es dann auch noch unerhört, wenn eine Zeltstadt voller Flüchtlinge WLAN hat...
Anstatt Chancen zu nutzen, wird mal wieder... Ausgesessen. Irgendwann gehen die schon wieder nach Hause, wenn wir sie nur schlecht genug behandeln, oder was?
Mit einem Kopfschütteln beende ich diesen langen Blogtext. Deutschland und deine Aussitzpolitik, Du verpasst nicht nur die humanitäre Krise, sondern auch Deine großen Chancen. Denn ich verrate Dir eins: Es werden garantiert keine zwei Millionen Schweden, Norweger, Dänen oder Holländer nach Deutschland einwandern wollen. Heute nicht, und auch im nächsten Jahr nicht.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Ace,

kaum ist man mal einige Wochen offline da wirst du produktiv. Hier ein interessanter Kommentar zu Griechenland, auf Fanfiction eine neue Story ...

Also ich habe mir in den letzten Wochen während ausgiebiger fauler Siestas bei diversen Ouzos die Problematik mal vor Ort angeschaut. Tatsache! Faule Griechische Rentner trinken während ihrer Siesta eisgekühlten Ouzo während Deutschland ihre Rente zahlt! Skandal! Die haben sich doch tatsächlich erdreistet am deutschen Wirtschaftswunder mitzubauen und kassieren nun deutsche Renten! Skandal, hab ich selbst so gesehen!

Zum Thema Grexit und Varoufakis vs. Schäuble: Da wurde doch tatsächlich der Staatsstreich-Skandal von Varoufakis aufgebauscht und angeprangert(meist von den selben Leuten die vorher den Griechen noch vorgeworfen haben, sie gingen ohne einen Plan B in die Verhandlungen). Dabei ist die Varofakis-Methode die einzig mögliche. Grexit radikal, ohne Vorwarnung und über Nacht. Schäubles Gelaber hingegen verstärkt nur noch die Kapitalflucht und damit die Probleme in Griechenland!

Ich glaube aber nicht dass "Griechenland gezielt ruiniert wird, damit die Arbeitslosen für nen Appel und nen Ei bereit sind, in Deutschland zu arbeiten" - dafür haben wir genug andere Neu-EU-Bürger - und schon da gibt es genügend Hetze dagegen in den Medien. Im Gegensatz zu den "Neu-EU-Bürgern" hat aber Griechenland das Europäische Fürsorgeabkommen unterschreiben, das bedeutetet, dass Griechen in Deutschland im Prinzip('im Prinzip wegen dem rechtlich umstrittenen deutschen EFA-Vorbehalt von 2012) Anspruch auf sämtliche deutsche Sozialleistungen haben.... Die kommende Hetze sehe ich jetzt schon und dazu diverse Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof .... Das gibt Streit. Ich glaube eher, dass Griechenland nicht gezieht ruiniert wird sondern nur durch die branchentypische Borniertheit und Kurzsichtigkeit der Politiker. Griechen wählen nun mal keine deutschen Politiker, der typische deutsche Stammtischparolenklopfer schon.

... Fortsetzung folgt ...
Tostan

Anonym hat gesagt…

Zu den Privatisierungen: Es gab in Deutschland nur eine funktionierende Privatisierung die das Geschäft belebt und die Preise gedrückt hat - das war die der Telekom. Es könnte also funktionieren, aber nicht als Hau Ruck Aktion und nicht wenn das Staatsmonopol einfach durch ein Oligopol ersetzt wird wie bei der Stromversorgung. Gerade die Stromversorgung - da werden wir gezwungenen "Smartmeter" einzubauen die sekundengenau den Verbrauch registrieren, aber dürfen nicht "smart" sekundengenau den Strom beim passenden Anbieter bestellen - nein, da sind langfristige Verträge vorgeschrieben. Die Telefonpreise sind ja auch gepurzelt, weil der Marktbeherrschende Anbieter(Telekom) gezwungen wurde Call-by-Call Anbieter zuzulassen. Sowas fehlt im Strommarkt und die Stromkonzerne werden das auch durch ihren Einfluss zu verhindern wissen!

Zu der Mehrwertsteuer und den Preisen in Griechenland - diese sind wesentlich höher als in Deutschland. Klassisches Beispiel Wasser - in Deutschland gibt es die zweiliter Flasche Tafelwasser schon ab ca. 15ct in Griechenland werden mehr als 50ct angesagt. Dazu muss man wissen, dass die Trinkwasserversorgung und -qualität in Griechenland nicht so flächendeckend ausgebaut ist wie in Deutschland - Wasser in Flaschen für die Lebenmittelzubereitung also in einigen Gegenden nötig bzw. sehr empfehlenswert ist, da das Leitungswasser keine Trinkwasserqualität aufweist. Auch viele andere Preise für Grundnahrungsmittel habe ich als sehr hoch empfunden(im Supermarkt einer großen Kette, nicht im Krämerladen!).

Zur Flüchtlingsproblematik allgemein: da glaube ich nicht, dass Deutschland der größte Bremser ist, das sind andere Staaten. Fair wäre eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge mittels einer von Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft abhängigen Quote. Aber selbst wenn diese kommen würde, wäre die Belastung für Deutschland wohl mit der tatsächlichen vergleichbar - die Belastung von derzeit "unattraktiven" Staaten wie Polen, Ungarn, Tschechien etc. aber ungleich höher. Und idese sperren sich da hauptsächlich. Deutsche Politiker tönen nur mit, weil das bei dem von der LÜGENPRESSE(allen voran die mit den großen BILDern) aufgehetzten PEGIDAfreundlichem Stammtischwähler gut ankommt.

Allgemein empfinde ich den auch in seriösen Medien verwendeten Begriff "Asylgegner" als verharmlosend. Wieso berichten diese Medien nicht auch aus Syrien von den "Leuten die es toll fänden wenn Frauen nur vollverschleiert das Haus verlassen"? Klartext: Brandanschläge sind terroristische Akte und Leute die diese Brandanschläge noch bejubeln sind Terrorismussympatisanten!

.. Fortsetzung folgt ...
Tostan

Anonym hat gesagt…


Wohnungen gibt es in Deutschland genug, auch für Flüchtlinge, aber das Problem ist das Preisniveau. Bezahlbarer Wohnraum für Geringverdiener in Ballungsräumen(wo es auch Arbeit gibt) ist selten, weil sozialer Wohnungsbau sträflich vernachlässigt wurde. Mittel- und Hochpreisliche Wohnungen gibt es genug. Nun würden mehr Flüchtlinge mit den Deutschen Geringverdienern um bezahlbaren Wohnraum konkurrieren was die Situation verschärfen und weitere Ressentiments hervorrufen würde - Das ist aber auch eine Verfehlung der deutschen Politik, die den Sozialen Wohnungsbau lange vernachlässigt hat, im Vertrauen auf die heiligen Selbstregulierungskräfte des Marktes.

Allerdings finde ich eine konzentrierte Unterbringung in Heimen oder zur Not in Zeltstädten als die beste Möglichkeit in der Anfangsphase - wenn es da dann da auch ebenso konzentrierte Integrations- und Psychologische Angebote(viel Flüchtlinge leiden unter PTBS) geben würde.

Zu dem Kulturempfinden der Syrer: es gab bisher zwei ähnliche Bevölkerungsgruppen welche nach Deutschland migriert sind. Die einen gelten als Musterbeispiel erfolgreicher Integration, die Iraner welche nach dem Sturz des Schahs geflüchtet sind. Die anderen sind immer mal wieder in den Schlagzeilen weil einige Großclans sich einfach nicht den Deutschen Rechtsnormen beugen wollen, das sind die Libaneser. Der Unterschied: Viele Libaneser waren vom langen Bürgerkrieg traumatisiert und hatten absolut kein Vertrauen mehr in Recht und Justiz bevor sie in Deutschland ankamen - und das wirkt noch Jahrzehnte nach, weil auch die Kinder in diesem Sinne erzogen wurden. Daher die Forderung nach Psychologischer Betreuung - das wurde in der Vergangenheit extrem vernachlässigt.

So ... und einen Review zu den Rittern von Heltan schreibe ich nächste Woche, muss das erst mal mehrfach in Ruhe lesen ...

Tostan

Ace Kaiser hat gesagt…

Hi, Tostan.
Schön, dass Du mal wieder reinschaust. ^^ Und dann haust Du gleich in die Vollen, Respekt.

1) Man kann nicht sagen, dass die Griechen an der jetzigen Situation schuldlos sind. Es gibt genügend Baustellen, an denen gearbeitet werden muss, damit der kalte Ouzo Abends auch schmeckt. Aber ich finde, es wird vollkommen falsch angesetzt. Ich meine, wie viel Ouzo kann ein griechischer Milliardär am Tag kaufen und konsumieren? Da trifft ihn die Mehrwertsteuerhöhung natürlich ganz schön hart, gemessen an seinem Vermögen...

2) Varoufakis hatte vollkommen Recht: Stinkefinger nach Europa und einen gepflegten Staatsbankrott. Ist eh alles hauptsächlich virtuelles Bankengeld. Das können die Banken in der nächsten Bilanz schönrechnen, dazu muss kein ganzer Staat ruiniert werden.

3) Stimmt, hast Recht. Griechenland wird nicht gezielt ruiniert, um griechische Arbeiter als Billiglöhner nach Deutschland zu locken - das machen wir ja mit den Spaniern und verpassen ihnen Knebelverträge mit sittenwidrigen Vertragsklauseln.
Griechenland wird also nur gezielt ruiniert als Warnung an alle anderen.

4)Sehr interessante Gedanken zum Strommarkt und zur Privatisierung. Das wäre es doch: Computergesteuerter Stromverbrauch, der den Strom vierundzwanzig Stunden am Tag stets mit dem billigsten Anbieter selbstständig abrechnet. Oder dem liebsten Anbieter, weil man lieber Ökostrom haben möchte.
Acht bis eins: Eon. Dann zehn Minuten Stadtwerke Düsseldorf, den Rest des Nachmittags macht RWE den besten Preis. Achtzehn Minuten ÜWL dazwischen, weil sie gerade jetzt besonders günstig sind, und dann bis acht eben Vattenfall. Mit der heutigen Technologie absolut kein Problem, weder für die Technologie, noch für die Anbieter. Ich meine, wir leben im Zeitalter des computergestützten Börsenhandels, in dem im Sekundentakt transferiert wird, um virtuelles Geld zu erzeugen.

5)Gute Info zum Wasser. Darf ich das zitieren und nachträglich in den Artikel einbauen?

6)Richtig. Gegen Flüchtlinge zu wettern, sichert Wähler am rechten Rand. Beherrscht die CSU ja ganz vortrefflich, wie wir gesehen haben.
Eigentlich ist es peinlich. Wir haben die Infrastruktur, wir haben den Wohnraum, wir haben Bedarf an Menschen, und zwar einen sehr hohen an jungen, arbeitswilligen Leuten mit gutem Bildungsstand, aber was tun wir? Wir warten auf zwei Millionen emigrationswillige Schweden.

7)Wahr gesprochen. Asylgegner sind Rassisten. Dumme Rassisten. Sie wissen noch nicht einmal, dass sie Rassisten sind.
Und ja, Brandanschläge sind terroristische Akte, und Claqueure müssen sich der Konsequenzen in einem Rechtsstaat bewusst sein, wenn sie solche Akte der sinnlosen Gewalt verherrlichen.

8)Wohnungsbau. Ich glaube, hier hast Du einen Denkfehler eingebaut. Was spricht dagegen, die Flüchtlinge zu den Wohnungen zu bringen? Gerade in bevölkerungsschwachen Gebieten stehen Wohnungen leer, die Preise sind daher unter dem Bundesdurchschnitt, und diese Regionen können eine Personalspritze vertragen. Ganz davon abgesehen, dass durch den Zuzug neue Firmen entstehen können.
Was natürlich nicht heißt, dass der Sozialbau stagnieren darf. Gerade nicht in einem Land, das mit Vorsatz Arme produziert.
Die Unterbringung in Zelten ist und muss eine Notlösung für den Übergang bleiben. Gerade bei dem übergroßen Angebot an Wohnraum in Deutschland. Fünf Millionen leerstehende Wohneinheiten sprechen klar für sich.
Wie, es gibt in den Auffanglagern keine Psychologen für Traumatisierte? o_O Die Leute kommen teilweise aus Kriegsgebieten.

9) Die Iraner kenne ich. Einer meiner Freunde ist Sohn von migrierten Iranern. Dass die Libanesen äquivalent zugezogen sind, ist mir allerdings neu. Ich kenne auch keine Libanesen persönlich.
Aber ich sehe die Problematik. Großclans, kein Vertrauen in staatliche Gewalt... Damals hätte man für den heutigen Tag in der Tat lernen können. Aber so machen sie es ja immer. Es könnte ja alles von selbst vorbei gehen, wenn man nur lange genug wartet, ne?

10) Bitte ja. Viel Spaß beim lesen. ^^V

Anonym hat gesagt…

Hallo Ace,

immer noch nicht zum Review gekommen, sorry ....

zu 1) hatte ich gerade in der der Diskussion mit einem Abernazi(*) zwei Standpunkte gehört. a) "Die Griechen sind an allem selber schuld, sollen sehen wie sie da selber klar kommen." b) "wir Deutschen sollten uns nicht immer wegen dem Hitler entschuldigen, ich habe damals noch nicht gelebt!" - komisch. Denn auch bei den Griechen sind mittlerweile längst abgewählte Regierungen für die Misere mit verantwortlich(freundlich ermuntert durch das Ausland welches geschönte Zahlen sehen wollte) - und nicht "die Griechen".

zu 2) Zustimmung, das hätte aber schon viel eher erfolgen sollen - diese Hilfspakete etc. würden wohl in der Privatwirtschaft unter "Konkursverschleppung" fallen. Das Grundproblem ist aber, dass es keine Internationalen Regeln und Konventionen für Staatsbankrotte gibt. siehe http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/schuldenstreit-mit-hedgefonds-die-geier-kreisen-ueber-argentinien-13509899.html . Das gehört dringend geändert!

zu 5) Kannst du gerne zitieren!

zu 6) warum zwei Millionen Schweden? Selbst wenn es zwei Millionen Deutsche wären, gäbe es Zoff und Hass! Siehe http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13507374.html

zu 7) es gibt im Strafgesetzbuch Tatbestand Terrorismus nicht - nur die "Bildung einer terroristischen Vereinigung" - voll auf die RAF zugeschnitten. Den terroristischen Einzeltäter der Brandsätze in (mitterweile auch bewohnte! - http://www.spiegel.de/politik/deutschland/salzhemmendorf-brandanschlag-auf-wohnung-von-asylbewerbern-a-1050247.html) Ausländerunterkünfte wirft oder schwer bewaffnet in Zügen Leute umbringen will, den gibt es nicht. Da zählen nur die "üblichen" Tatbestände (versuchter) Mord, Brandstiftung etc. Der Begriff Terrorismus als "Versuch politische Ziele mit Gewalt durchzusetzen" sollte als eigenständiges strafverschärfendes Merkmal von Straftaten eingeführt werden.

zu 8) Der Wohnungsnotstand in einigen Deutschen Gebieten ist ja vor allem durch Wegzug entstanden, weil dort eben Arbeitsplätze fehlen. Diese werden auch nicht so ohne weiteres geschaffen, wenn Flüchtlinge angesiedelt werden. Die Flüchtlinge müssen aber so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt integriert werden. Faule Sozialschmarotzer haben wir schon genug selbst herangezogene Einheimische. Selbe Diksussion mit obrigem Abernazi:
"viele meiner Kumpels sind Arbeitslos, und trotzdem wird das Geld in die Asylanten gesteckt!"
"In eurer Firma werden doch Leute gesucht und es findet sich niemand, warum bewerben die sich nicht?"
"wieso sollten die sich hier bewerben für die paar Kröten die es mehr gibt als wenn man Arbeitslos ist?"
Ich will damit nicht sagen dass Flüchtlinge Sozialschmarotzer sind, sondern dass es schwer wird jemandem der Jahrelang von Harz IV gelebt hat, wieder zu motivieren und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Flüchtlinge sind meist motiviert wenn sie ankommen, daher müssen sie schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden, bevor diese Motivation zerstört wird.

Und zur Psychologischen Betreuung: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/fluechtlinge-therapieplaetze-fuer-traumatisierte-fehlen-a-1045742.html

Tostan

*) Abernazi: ein "Ich bin ja kein Nazi aber..." nur ein besorgter Bürger mit ausländerfeindlicher Einstellung, Sympathien für rechtsradikale Anschauungen und völkischer Gesinnung .... Kurz gesagt ein Abernazi.