Hm, wie beginne ich das jetzt? Vorweg eines: Es geht um Impfung. Ja, ich bin Impfbefürworter. Und ja, als ich Kind war, gab es viele Impfungen noch nicht, und ich musste Mumps durchmachen, Masern, Windpocken. Dabei war ich zwei relevanten Risiken ausgesetzt. Im Fall der Masern, entweder an begleitenden Infektionen zu sterben, oder eines aus dreitausend Kindern zu sein, das an der Subakuten skleriosilen Panenzephalitis erkrankt und stirbt.
Das andere Risiko war Mumps mit der Gefahr, taub oder unfruchtbar zu werden. Gut, taub bin ich nicht, aber Kinder gezeugt habe ich noch keine.
Die Windpocken empfand ich nur als nervig. Extrem nervig. Da sind die Nebenwirkungen auch recht überschaubar.
Scharlach, Röteln und andere Krankheiten hatte ich bisher nicht.
Ich überlege mir gerade, wie viel Schmerzen, wie viel Juckreize und welche unüberschaubaren Risiken ich mir hätte ersparen können, wäre ich umfassend geimpft worden...
Gegenthema. Schweinegrippe. Genau, dieses Virus aus dem H1N1-Stamm, der in der Grippesaison 09/10 tatsächlich eine Pandemie auslöste. Und wäre das Virus auch nur halb so gefährlich wie die saisonale Grippe gewesen, dann wären sicherlich ein paar Millionen Menschen weltweit gestorben. Stattdessen erwies sie sich als relativ harmlos. In Deutschland wurden rund einhundertvierzig Tote der Schweinegrippe zugerechnet, weltweit meinte man über zehntausend Fälle erfasst zu haben. Das ist ein sehr, sehr harmloser Grippeverlauf, gibt es doch alleine in Deutschland pro Grippesaison zwischen fünftausend und zwanzigtausend Tote - wenn sie nicht besonders schlimm verläuft.
Gefeiert wurde die Schweinegrippe in den Medien als neue Supergrippe, als neueste Bedrohung der Menschheit, als baldige Apokalypse. Prompt kaufte die Bundesregierung Impfstoffe en masse, die niemand haben wollte.
Fakt ist einfach folgendes: Eine Impfung gegen die Schweinegrippe ist/war für gesunde Menschen mittleren Alters nicht notwendig, sie verlief recht ansteckend, aber wenig pathogen. Dennoch ging sie quasi einmal um die Welt. Die Impfstoffe haben die öffentlichen Kassen Millionen gekostet, und Verwendung fand nur ein winzig kleiner Teil.
Was mich dabei aufregt ist der Hype, der durch den Boulevard ging, angeführt von der BLÖD. Jeder Nachrichtenlesende Mensch konnte sehen, dass H1N1 um die Welt ging, aber das weder die Ansteckungszahlen noch die Zahl der Todesfälle - hier wieder eine Entschuldigung an die tatsächlichen Todesfälle im Zuge der Schweinegrippe und ihrer Angehörigen, ich meine meine Worte nicht herabwürdigend - auf das Ende unserer Zivilisation hindeuteten. Auf Mallorca feierten die Touristen Schweinegrippeparties, und Infizierte, bei denen die Krankheit ausgebrochen war, musste nicht gerade künstlich beatmet werden. Dennoch ging die Panikmache weiter, wurde ein Jahr aufgeschoben. Irgendwo musste sie ja tödlich sein. War sie aber nicht.
Da war der Schaden aber schon angerichtet. Wir mussten nicht großflächig geimpft werden. Punkt, aus. Aber genauso muss ich auch sagen: Es hätte niemandem geschadet. Ebenfalls Punkt, aus.
Das Schlimme, ja, das Verheerende an H1N1 und der tendenziösen und falschen Berichterstattung ist schlicht und einfach, dass Amateure versuchen, wissenschaftliche Themen zu erklären, und bei diesem Versuch polemisieren, ja, agitieren. Und zugleich darauf hoffen, von der neuen Superpandemie berichten zu können, die die halbe Menschheit ausrottet. Was die u.a. BLÖD deklassiert.
Der Impfung an sich wurde ein gigantischer, vielleicht nicht reparabler Schaden zugefügt. Eine moderate Berichterstattung und eine gelassenere Betrachtung des Themas hätte hier viel gerettet. Man hätte sich zum Beispiel beim ersten dokumentierten Ausbruch in Mexico City fragen können, warum es nur so wenige Infektionsfälle in einer Gigantstadt mit zwanzig Millionen Menschen gegeben hat; man hätte sich auch fragen können, warum hauptsächlich junge Menschen erkrankten.
Die Schlussfolgerung des Boulevards war die Vermutung, es könnte sich um einen terroristischen Anschlag handeln, gezielt auf die arbeitsfähige Bevölkerung.
Meine Schlussfolgerung hier im Blog war, dass Ältere nicht erkrankten, weil sie H1N1 schon einmal gehabt und deshalb Immunität erworben hatten. Ab diesem Punkt hätte man in der Tat gelassener sein können. Es hätte vieles gerettet. Keine Menschenleben, zugegeben. Aber Ansehen und Würde der Impfung.
Wie ich oben schon schrieb, bin ich Impfbefürworter. Aber ich habe mich damals gegen eine Impfung entschieden, weil ich sie für unnötig erachtet habe. Dennoch hole ich mir regelmäßig meine Tetanus-Kombi-Impfung ab (hoffentlich mit Keuchhustenschutz. Da muss ich meinen Arzt mal fragen), und nach diesem Artikel auf Scienceblog.de überlege ich mir ernsthaft, mich auch gegen Masern und dergleichen impfen zu lassen, um meinen Teil dazu beizutragen, dass diese Krankheiten aus Europa ein für allemal verschwinden.
Letztendlich waren es die Kommentare weiter unten im Artikel, die mich entsetzt haben. Jene der Impfbefürworter mit ihren klaren Fakten und Aussagen, jene der wenigen, aber hochaktiven Impfgegner mit ihren erschreckenden Ansichten. Die Impfgegnerszene muss ein fürchterlicher Ort sein. Vergleichbar mit denen von handelsüblichen orthodoxen Religiösen und Verschwörungstheoretikern. Nur solchen Menschen kann es einfallen, das z.B. die Spanische Grippe, die Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts weltweit Millionen Leben kostete, vom Impfstoff GEGEN diese Grippe ausgelöst worden sei, und das nur GEIMPFTE Menschen gestorben seien... Im Anbetracht des Umstandes, das die ersten Impfstoffe gegen Grippe erst Mitte der Dreißiger Anwendung fanden, ist der Vergleich mit Verschwörungstheoretikern und Kreationisten mehr als angebracht. Autsch.
Noch mal zusammengefasst: Was ist eine Kinderkrankheit? Eine harmlose Geschichte? Sicherlich nicht. Das Immunsystem von Kindern ist meines Wissens nach stärker als das von Erwachsenen, weshalb Masern und dergleichen bei Erwachsenen einen schwereren Verlauf haben. Deshalb aber darauf zu schließen, Kinder "brauchen" die verharmlost Kinderkrankheiten genannten Infektionen, um ein gutes Immunsystem aufzubauen, ist extremer Schwachsinn. Wie ich schon sagte, ich wäre froh über eine Impfung gewesen.
Eine der Impfgegner wartete mit folgendem Argument auf: Ihr Sohn hatte durch anerkannten Impfschaden bis zu seinem Tod mit neunzehn Jahren unter Anfällen und dergleichen zu leiden. Den Tod führte sie ebenfalls auf den Impfschaden zurück. Sie folgte übrigens auch der widerlegten Lüge, Impfungen würden Autismus auslösen.
Die Befürworter, darunter nach eigener Aussage Ärzte, hielten dagegen, das man einen Impfschaden relativ einfach bescheinigt bekommt, weil "die Impfung Dienst an der Allgemeinheit ist und gerade vom Gesetzgeber entsprechend gewürdigt wird", konkret mit Prozenten beim Versorgungsamt. Will sagen, lieber einen Krankheitsfall zuviel einem Impfschaden zuordnen, als einen zu wenig, weil wir alle davon profitieren, wenn Masern, Mumps und Co. uns nicht als Zwischenwirte für ihre Verbreitung missbrauchen können.
Nun mag es sein, dass besagte Mutter tatsächlich ihren Sohn durch einen Impfschaden verloren hat, und das sie zu Recht der Impfung skeptisch gegenübersteht. Was aber ist mit den Kindern von Müttern, die wegen zu geringem Impfschutz in ihrer Schwangerschaft Röteln durchmachen mussten, und deren Kinder daraufhin körperliche und geistige Schäden davon getragen haben? Selbst schuld weil sie nicht geimpft waren? Hm, merkt Ihr was? Richtig. Man kann ein einzelnes Schicksal nicht besonders gut mit der Masse der deutschen Bevölkerung aufrechnen.
Was ich noch dazu sagen möchte, sind zwei Worte: Pocken und Polio.
Dies sind zwei sehr prominente Vertreter nicht unbedingt der Kinderkrankheiten, wohl aber für Infektionskrankheiten. Bei den Pocken handelt es sich um eine fiebrige Infektion mit Todesraten von dreißig Prozent in unbehandelten Fällen. Die Welt wurde für Pockenfrei erklärt, weil in den letzten zwanzig Jahren keine Fälle mehr dokumentiert wurden. Klar kann man sich da nie ganz sicher sein, aber dennoch ist es ein Erfolg. Ein Erfolg für die Impfung, die dafür gesorgt hat, dass der Mensch, der das einzige Reservoir für die Pocken bildet, als eben dieses Reservoir durch die Immunisierung ausgefallen ist.
Polio ist ein ähnlich gelagerter Fall und war für eine hohe Kindersterblichkeit berüchtigt. Üblicherweise löste es unter anderem Atemlähmung aus, was für viele Fälle tödlich war. Auch kam es anschließend zu Lähmungserscheinungen, mitunter Verwachsungen. Dass wir hierzulande keine Polio-Fälle mehr haben, ist ganz klar ein Sieg der Impfung über diese Krankheit. Und nur menschlicher Unverstand kann die endgültige Ausrottung verhindern, oder gar die Rückkehr der Polio in das europäische Reservoir. Durch konsequentes Nicht-Impfen und Kontakt zu Erkrankten, was in der globalen Welt absolut kein Problem ist.
Wir erinnern uns, auch H1N1 und Vogelgrippe (beide im Nachhinein relativ harmlos) haben sich durch den weltweiten Flugverkehr ausgebreitet. Vogelgrippe darüber hinaus entlang der Transsibirischen Eisenbahn. Und auch wenn letztere Beispiele eher harmlos waren - gestorben sind einige Menschen, darunter Kinder, trotzdem dran. Nun stelle man sich eine solche globale Ausbreitung mit einem Erreger wie Polio vor, der in einem nicht geimpften Europa plötzlich nichtimmunisierte Wirte zuhauf finded. Gell, das klingt nach dem Ende aller Tage.
Mein Fazit: Ich bin überzeugter denn je, dass das Impfprogramm wichtig für uns ist, für Europa, für die Menschheit als Ganzes. Ich bin überzeugter denn je, das man NICHT als Kind an Masern erkranken "muss", um ein stabiles Immunsystem aufzubauen. Dafür kann man seine Kinder auch im Dreck spielen lassen, und das beugt gleichzeitig auch Allergien vor.
Und ich bin auch nicht davon überzeugt, dass "Impfen AIDS, Lepra, Grippe und Masern überhaupt erst auslöst", wie einer der Impfgegner zum Besten zu geben wusste. Aber es geht noch skurriler, denn natürlich "wurde das AIDS-Virus niemals gefunden", die Erkrankung an AIDS sei "nur eine Erfindung der Pharma-Industrie", und zum Thema Masern: "man tut den Kindern am besten einen Gefallen, wenn man gar nichts tut", als sie krank werden lassen, nicht impfen und dergleichen.
Wie sagte doch gleich einer der Impfbefürworter sinngemäß? Vorige Generationen haben die Krankheiten mühevoll zurückgedrängt und beinahe ausgerottet, und nun geht es einigen heutzutage zu gut, und sie schwurbeln mit ihren Anti-Impftheorien all die Erfolge ihrer Eltern dahin, und erschaffen damit eine Gefahrensituation für alle anderen. Zum Beispiel für Neugeborene, die erst ein halbes Jahr nach der Geburt geimpft werden können. Aber das ist ja kein Problem für diese Menschen, weil "es Infektionskrankheiten ja gar nicht gibt", und "die Symptome entstehen, wenn wir nicht im Reinen sind", oder sogar "wir Infektionen durchmachen müssen, um Viren-Genom aufnehmen zu können".
Ehrlich, spätestens da hört es bei mir auf. Darum meine Bitte: Impft Eure Kinder, alleine schon, um kein Masern-Roulette spielen zu müssen und die schreckliche Variante zu riskieren, das eigene Kind an die Spätfolge Subakute skleriosile Panenzephalitis zu verlieren.
Wenn einfache Antworten einfach falsch sind und vor allem kein einziges
Problem lösen [Gesundheits-Check]
-
Alice Weidel auf X zum Anschlag in Magdeburg: „Die Bilder aus #Magdeburg
sind erschütternd! In Gedanken bin ich bei den Hinterbliebenen und
Verletzten. Wan...
vor 2 Stunden
2 Kommentare:
Puuh, diese Sichtweise ist recht einseitig. Was aber auf der anderen Seite auch verständlich ist. Die Pharmaindustrie ist ja mächtig genug, um andere Meinungen im Keim zu ersticken. 99% aller Fortbildungen zu diesem Thema werden von "neutralen" Vertretern oder Befürwortern dieser Sparte durchgeführt, und entsprechend verbreitet sich diese Meinung. Klar mit einer 6-fach, 8-fach, am besten 20-fach Impfung macht man ja auch richtig Geld. (Hier ist ein kleines Beispiel, welche Macht die Pharmakonzerne haben: http://www.youtube.com/watch?v=uGZkhhU375E&feature=related Interessant ist vor Allem die Aussage von Herrn Seehofer ab 3:45min) Wenn man sich etwas ausführlicher mit dem Thema beschäftigt, lange sucht, dann sieht man aber, dass das Thema tiefer geht als der Vergleich Krankheitsrisiko-Risiko Impfschaden. Ich werde mich und meine Kinder garantiert nicht mit Massen von meist überflüssigen Medikamenten zupumpen lassen, nur damit ein Pharma-Konzern seinen Umsatz erhöht. Wer der MEinung ist, seine Kinder gegen alles und jedes zu impfen, soll dies tun, aber genauso soll man die Möglichkeit haben, nicht oder nur gezielt zu impfen.
Lieber Anonym.
Es gibt für jede Infektionskrankheit Kombi-Impfstoffe, die ich für sinnvoll halte. So in etwa die Kombi-Impfstoffe, die ein Kind nach dem ersten halben Jahr erhält, und der Masern, Mumps, Windpocken und... Vergessen, enthält. Das sind sehr infektiöse, weit verbreitete Krankheiten, gegen die Impfschutz wirklich Sinn macht. Natürlich gibt es jeden Impfschutz auch als Einzel-Impfung, aber, man lese und staune, Kombi-Impfstoffe sind da billiger. Wenn man mehrere Dinge zusammenlegt, erhöht sich der Gesamtpreis nicht linear oder wenigstens proportional. Im Gegenteil, er spart Zeit und Geld.
Gegen alles und jeden zu impfen halte ich auch für falsch, aber bei Reisen in Risikogegenden wieder für richtig und wichtig.
Generell ist ein nicht vorhandener Impfschutz risikoreicher als eventuelle Impfschaden-Komplikationen.
Wenn Du, lieber Anonym, ein verantwortungsbewusster Elternteil bist, wovon ich stark ausgehe, sollten die gängigen 3-fach oder 6-fach-Impfstoffe den Zweck erfüllen, den Du wünschst. Gezieltes Impfen gegen die gängigsten Krankheiten. Das ist in etwa das, was Dir vorschwebt.
Natürlich ist meine Sicht einseitig, das gebe ich offen zu. Nicht aber, weil ich mich mit der anderen Seite nicht beschäftigen will, sondern weil ich viele der Argumente für ausgesprochenen Quatsch halte, und viele ihrer Befürworter teilweise hysterisch sind. Mit solchen Menschen komme ich nicht aus.
Noch ein kleiner Hinweis zur "mächtigen" Pharma-Industrie: Im Zeitalter des Internets nützt Macht überhaupt nichts. Im Gegenteil. Es reicht, um eine Anti-Impfgesinnung zu erzeugen, die mit einer Menge Blödsinn aufwartet und Menschen verunsichert.
Jetzt stell Dir mal vor, es gibt an einem Unternehmen, bzw. an einem Medikament ernsthafte Kritik, die nicht nur Paranoiker, sondern auch mich überzeugt - was immer möglich ist und auch schon vorkam, siehe Regividerm. Denkst Du, das würde lange geheim bleiben, bzw. einer breiten Öffentlichkeit vorenthalten? Sicher nicht. Die Macht liegt im Internet.
Kommentar veröffentlichen