...sollte ich dann wohl meine Hoffnungen begraben, zur Zeit nach Israel einreisen zu dürfen, und sei es, um in dem Land mal Urlaub zu machen. Warum? Weil Benjamin Netanjahu, derzeit Ministerpräsident Israels, auf tagesschau.de trotz der moderaten Töne des neuen Präsidenten Hassan Rohani behauptet, dass Iran weiterhin auf dem Weg zur Atombombe sei und ich das mehr als in Frage stelle.
Dazu sollte man unbedingt einen Experten befragen, und als Erstes fällt mir dazu die Satire-Seite Der Postillon ein, der, wie ich finde, den technischen, finanziellen und vor allem politischen Vorgang rund um die Iran-Atombombe auf den Punkt bringt.
Ich möchte einige Punkte aus dem Interview wiederholen, die Netanjahu gesagt hat:
"Iran hat Interkontinentalraketen, die Deutschland und die USA erreichen können."
"Diese Raketen können eine Ladung tragen - eine Atombombe."
"Deutschland darf nicht auf die neue Taktik des Irans hereinfallen."
"Rohani hat 2005 gesagt: Wer Uran auf 3,5% anreichern kann, kann dies auch auf 90%."
"Wenn die Sanktionen nach und nach wegfallen, steht Ihr mit leeren Händen da, wenn der Iran beginnt, waffenfähiges Uran zu produzieren."
"Sobald die Subventionen nach und nach wegfallen, beginnt der Iran eben ein paar Wochen spätre Uran anzureichern."
...sacken lassen.
Abgesehen davon, dass der Interviewer, ich nehme an, es ist Herr Schneider selbst gewesen, stets von Europa sprach, Netanjahu aber immer wieder die Deutschen in der Pflicht sah, (und davon abgesehen, dass Netanjahu noch immer mit einer militärischen Lösung liebäugelt) möchte ich nicht auf die einzelnen Punkte eingehen, da ich sie weder beweisen noch widerlegen kann. Und was ich denke oder zu wissen glaube, sollte hierbei eine kleinere Rolle spielen als harte Fakten.
(Allerdings bedeutet der Umstand, dass Hassan Rohani 2005 festgestellt hat, man könne mit Zentrifugen Uran(Isotope) auf einen waffenfähigen Wert erhöhen, nicht automatisch bedeutet, dass er das fordert; ergo ist der Part von Netanjahus Argumentation polemisch. Um den Rest steht es, empirisch gesehen, dann nicht viel besser.) (Adé, Israel-Urlaub.)
Tatsächlich, und das möchte ich in den Kontext gesetzt sehen, steht Benjamin Netanjahu vor großen innenpolitischen Problemen. Die "illegalen" Siedler sind Teil seiner Regierung, die nur deshalb zwei Sitze mehr als die Opposition hat, weil seine Koalition so weit rechts ist, dass sie links schon fast wieder rausfällt und weil das zuständige Gericht einen Sitz der arabischen Partei ab-, und den radikalen Siedlern zuerkannt hat. Seine Regierung steht auf wackligen Füßen, und ein falsches Wort gegen die Siedlungspolitik bedeutet Regierungsauflösung, Neuwahlen oder - Koalition mit gemäßigteren Kräften.
Auch steht Israel vor großen innenpolitischen Problemen, denn unvergessen (zumindest von mir unvergessen) sind die Demonstrationen in Israels Städten für niedrigere Lebenshaltungskosten und günstigen Wohnraum. Und das in einem Land, das die fünftgrößte Armee der Welt unterhält, Ultra-Ortodoxe vom Wehrdienst befreit und finanziell unterstützt, damit sie sich vornehmlich dem Studium der Tora widmen können, in denen die Siedler im Gaza-Streifen und im Westjordanland (und rund um Ost-Jerusalem) mit ihren Neubauten Milliarden verbrauchen, und, und, und...
Jedenfalls ist Netanjahu an mehr als einer Front unter Druck, und da ist das Palästinenserproblem noch nicht einmal erwähnt oder auch nur ansatzweise erfasst. (Von den Stunts, die Ultraorthodoxe mittlerweile in Israel betreiben, angefangen bei der Forderung, Männer und Frauen müssen verschiedene Gehsteige benutzen bis hin zur Demonstration mit Davidstern mal gar nicht zu reden.)
Was aber tut der kluge Staatsmann, wenn ihm der Boden unter den Füßen wegbröckelt, wenn er dringend ein stabileres Fundament braucht? Natürlich, er sucht und erhält und pflegt und hegt einen äußeren Feind. Ahmadinedschad war da ein recht williger Lieferant an Vorlagen und wurde auch oft und gerne falsch zitiert; Rohani ist da vorsichtiger, sodass Netanjahu vorsichtshalber auf das Staatsoberhaupt Chameini als Beweis dafür zielt, dass sich nichts geändert hat.
...sacken lassen.
Ich will jetzt nicht über die Atompolitik, zivil oder militärisch, des Irans reden, nicht über vorhandene oder nicht vorhandene Atombomben in Israels Arsenalen, nicht darüber, ob der Iran Interkontinentalraketen hat, die uns oder gar die USA erreichen können. Ich will nur einen Aufkleber zitieren, den mein Vater in seiner Garage an einem Schrank kleben hatte, den er wiederum als langjähriges Gewerkschaftsmitglied bekommen hat. Sein Text lautet: "Sollte dieser Staat, in dem ich arbeite, einem anderen Staat, in dem andere Menschen arbeiten, den Krieg erklären, erkläre ich diesen Leuten heute schon den Frieden."
Das sind starke, schöne Worte, und ich stelle sie dem Horrorszenario eines Herrn Netanjahu mal entgegen.
Noch mehr, ich möchte darauf hinweisen, dass israelische und iranische Bürger längst viel weiter sind. Die Initiative Israel loves Iran spricht Bände, zum Beispiel auf Facebook. Und das wird erwidert. Beweisaufnahme beendet. Paps, die Zukunft hat begonnen. ^^V
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