Vor einigen Tagen machte mich Schreiberling (mein Kumpel Roland, der den gleichnamigen Blog betreibt) darauf aufmerksam, dass ich in diesem Monat noch nichts geschrieben hätte, und ob mir die Ideen ausgegangen wären.
Nun, zu schreiben hätte es genügend gegeben... Mein Besuch auf der CEBIT hatte ein paar Highlights, ein verstörender Albtraum, den ich letztendlich als Aufhänger für eine Story verbraten habe, wäre auch einen detaillierten Bericht wert gewesen. Oder ein Pamphlet über eine Beschwerde eines meiner Leser wäre angebracht gewesen. Da ich selbst keine Restaurantbesuche tätige, so mein Leser, wäre es unauthentisch, darüber zu schreiben. Das bezieht sich übrigens auf meinen Weihnachtsgruß, wo ich unter anderem schöne Restaurantbesuche gewünscht habe. Dabei wirft sich mir die Frage auf: Ist der Rest meines Blogs, also gut neunundneunzig Komma neun neun Periode so uninteressant, dass man sich an zwei Worten aufhalten muss? Gut, gut, über dieses Thema habe ich lange nachgedacht und eine Lösung mit heißem Wasser und frisch gelegten Hühnereiern gefunden. Dazu vielleicht später mehr.
Ich hätte auch darüber schreiben können, dass ich Anime Evolution: Krieg 4 fertig habe, und alles auf das große Ende abzielt, das bereits in seiner ganzen Gigantomanie in meinem Kopf vorhanden ist. Und ich hätte vom sehr beeindruckenden SPD-Unterbezirksparteitag berichten können sowie meiner persönlichen Erfahrung: Anzugträger beeindrucken DOCH. Zumindest ich im Anzug. *hüstel*
Nichts von alledem will ich mich hier ausführlich widmen. Heute möchte ich mich einem echten Lokalthema widmen: Banteln und seinem Verkehrsrecht.
Banteln ist ein kleiner Ort an der Bahnstrecke Hannover-Göttingen, gut fünfunddreißig Kilometer südlich von Hannover, inmitten den idyllischen Leineberglandes, direkt an der B3. Diese ging bis in die Sechziger sogar durch den ganzen Ort. Banteln ist über eintausendzehn Jahre alt und hat einige Hochs und Tiefs erlebt.
Vor nicht ganz, wartet mal, zwanzig Jahren, gab es den ersten großen Verkehrspolitischen Einschnitt in Banteln, als dem zunehmenden Verkehr Rechnung getragen wurde, und der Großteil des Ortes Dreißig-Zone wurde. Lediglich die Göttinger Straße, welche mit der alten Routenführung der B3 durch den Ort identisch ist, wurde als Durchgangsstraße belassen.
Da der Verkehr aber noch weiter zugenommen hat und die Lastwagen eines ortsansässigen Kiesgrubenbetreibers durch den Ort preschten - geprescht sind übrigens auch einige Autofahrer, die meinten, die Göttinger Straße wäre die hiesige VW-Teststrecke - wurde nun auch die Göttinger Straße von Verkehrsamt des Kreises zur Dreißig-Zone erklärt. Dies geschah, wie es die Vorschriften anscheinend verlangen, auf Wunsch eines Anwohners, nicht auf Drängen der Gemeinde. Allerdings unterstützte der Rat, bestehend aus SPD und CDU, den Antrag einstimmig.
Damit verbunden waren natürlich einige Veränderungen, und manches wurde besser, manches schlechter. Zum Beispiel ist die Göttinger Straße nun keine Durchgangsstraße mehr, das bedeutet es gilt Rechts vor links, was aus dem Ort raus bedeutet (Richtung Norden) acht Mal Vorfahrt zu gewährend, und in den Ort rein (ja, genau, Richtung Süden. Gut geraten.) viermal.
Gut, gut, all das geschah recht plötzlich, oder auch viel zu spät. Auf jeden Fall entsponn sich eine kontroverse Diskussion mit recht verhärteten Fronten, und, wen wundert es, die unsachlichen Argumente liegen alle auf der Seite der Ablehner der Dreißig-Zone.
Eigentlich habe ich die Dreißig-Zone nicht gewollt, aber in einem demokratischen System unterstützt man die Entscheidung der Mehrheit. Punkt. Außerdem hätte die Göttinger Straße eigentlich schon vor eben zwanzig Jahren auch Dreißig-Zone werden müssen... Mir war nie klar, warum man auf einer alten Straße mit Kopfsteinpflaster fünfzig zulässt. Alleine bei Regen und Glätte ist fahren auf ihr die Hölle. Dreißig ist da sinnvoll, klug und richtig. Und irgendwann werde ich mich schon daran gewöhnt haben...
Ich könnte über die Befürchtungen eines großen Autohauses berichten, der durch die Dreißig-Zone den Rückgang des Durchfahrtsverkehrs befürchtet, und die damit zusammenhängende Zahl der Impulskäufer, über den Zeitverlust, den eine Dreißig-Zone mit sich bringt - wir reden hier immerhin über sechzig Sekunden mehr Fahrtzeit - oder darüber, dass manche Autofahrer weiterhin fünfzig fahren wollen und die Rechts vor Links-Regelung ignorieren, wie störrische kleine Kinder.
Ich könnte darüber schreiben, dass eine Straße mit Tempo dreißig wesentlich sicherer zu überqueren ist als ein zwei Meter breiter Zebrastreifen auf einer Fünfzig-Straße. Wenn sich jeder an Tempo dreißig hält, zugegeben. Tatsächlich fahren manche Idioten auch schon mal mit hundert durch den Ort. (Im letzten August haben vier Bantelner Bürger ihre Führerscheine wegen überhöhter Geschwindigkeit abgeben müssen, und damals war die Straße noch für fünfzig freigegeben. Das nennt man nicht zu schnell fahren, das nennt man zu tief fliegen.)
Ich könnte darüber berichten, dass wir uns bemühen, damit unser kleiner Radweg erhalten bleibt, obwohl ein solcher Verkehrsweg in einer Dreißig-Zone als nicht notwendig betrachtet wird. Aber die Leute wünschen es sich.
Und ich könnte aufschauen und fragen, warum die Bantelner Geschäftsleute den Rückgang von Impulskäufern befürchten. Impulskäufer sind Leute, die eher zufällig durch Banteln fahren und sich spontan entscheiden, ein Geschäft zu besuchen. Da die B3 aber wesentlich schneller ist, und Gronau, unser Samtgemeindesitz, eine sehr große Auswahl an Geschäften hat, behaupte ich einfach mal, dass wir gar keine Impulskäufer haben. Stattdessen kommen die Leute in die Geschäfte, weil sie Stammkunden sind. Und Stammkunden lassen sich auch nicht von Tempo dreißig abschrecken.
Und so weiter, und so fort.
Über all das könnte ich schreiben. Und wie die Scharfsinnigen unter Euch es schon bemerkt haben, habe ich weit mehr getan, als all das nur stichwortartig anzureißen. Aber worauf ich wirklich eingehen will, ist unser Antragstellerhaushalt vom Anfang.
Okay, ich kann verstehen, dass die Leute diese eine Minute zum Überleben brauchen, die sie jetzt bei der Fahrt verlieren. Ich kann verstehen, dass sich einige unflexible alte Männer nicht daran gewöhnen können, auf der Göttinger Straße zu fahren und jemand anderem die Vorfahrt zu lassen. Ich kann sogar verstehen, wenn ein namhafter Bantelner Gärtner die These in den Raum stellt, als Nächstes würde die Göttinger Straße Fußgängerzone werden, und der Zulieferbetrieb hätte dann keine Möglichkeit mehr, um... Nun, um zu liefern. Auch wenn dieses Argument so extrem sachlich falsch ist, dass einem bei dieser Chuzpe die Spucke weg bleibt.
Was ich aber NICHT verstehen kann ist, warum nun unser benannter Haushalt bedroht, verleumdet und terrorisiert wird. Ja, terrorisiert!
Hallo? Die haben nur den ANTRAG gestellt! Gekommen wäre die Dreißig-Zone so oder so! Bedankt Euch bei den Rasern, die mit hundert in die Radarfalle gegangen sind - IM Ort!
Hallo? Es ist nur eine Verkehrsmaßnahme! Das ist absolut KEIN GRUND, um jemanden zu schmähen oder zu beleidigen oder vor seinem Haus zu hupen, um ihm seine Dreißig-Zone zu verleiden!
Hallo? Seid Ihr noch ganz richtig? Ihr sagt, Banteln ist wegen dieser Maßnahme gespalten? Was für ein fürchterlicher, gefährlicher Quatsch, wegen einer VERKEHRSFÜHRUNGSÄNDERUNG solch einen Aufstand zu machen! Das ist sowohl ethisch als auch rechtlich äußerst fragwürdig.
Nichts auf dieser Welt ist es wert, seinen Mitbürgern das Leben madig zu machen, obwohl einem selbst nichts getan wurde.
Es ist aber ein sehr gutes Beispiel dafür, dass manche Menschen in meinem Heimatort augenscheinlich zu viel überschüssige Zeit haben. Würde diese Energie und diese Zeit in die vielen Ehrenämter in Banteln fließen, hätten wir alle was davon. So aber wird nur alt eingesessenen Bantelner Bürgern das Leben unberechtigt schwer gemacht, und das ist eine Schande sondergleichen. Alleine dafür lohnt es sich, FÜR die Dreißig-Lösung zu sein.
Ach, und vielleicht noch zum Abschluss. Die Diskussion Pro und Contra sollte meines Erachtens nicht dazu missbraucht werden, um Stress und Ärger abzubauen. Denn es gibt immer Idioten da draußen, die solche Dinge ernst nehmen, daran glauben und NOCH schlimmer machen.
Churchill hat mal gesagt: Die Demokratie ist die schlechteste Staatsform, aber sie ist die beste die wir haben. Er sagte auch, dass man um die Demokratie jeden Tag kämpfen muss.
Mir war nicht klar, dass man auch um den Rechtsstaat jeden Tag kämpfen muss.
So, nächstes Mal berichte ich wieder über den Fortschritt meines Schreibhobbys. Hoffentlich.
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vor 3 Stunden
2 Kommentare:
Für mich klingt das ja so, als wenn entweder du den Antrag gestellt hast oder du zumindest in der direkten Nachbarschaft von dieser Person wohnst. Wenn du nämlich am anderen Ende von Banteln wohnen würdest, wo kein Dauergehupe herrscht, würde es dich zwar eine Weile nerven, aber irgendwann würdest du es ausblenden können. Die Länge deines Beitrages ist fast schon zu lang, dass du einfach nur ein Passant gewesen sein könntest, der an dem belagerten Haus vorbeikommen musste (sofern du nicht in demselben Haus wohnst).
Da ich leider nicht weiß wo man diese Anträge stellt, vermute ich mal, das du den Vorschlag bei diesem SPD-Unterbezirksparteitag (so etwas wie der Bundestag im Miniformat?) gestellt hast. Und da ist dir wahrscheinlich auch die Kritik entgegengeschlagen, wenn nicht vor deiner eigenen Haustüre.
Bei so einem Stress, würde ich mich auhc nichtmehr aufs Schreben konzentrieren können (du hast ja einen Balkon zur Straße hin, nicht?).
Jetzt kurz zu dieser Restaurant-Sache. Was ist den deine Lösung? Du hast das am Ende des Textes nicht wieder aufgegriffen.
Was ist so schlimm daran, einen einen schönen Restaurantbesuch zu wünschen? Klingt zwar etwas ungewöhnlich in meinen Ohren, aber das ist ja nicht verboten oder?
Miyu, Du wirst es nicht glauben, aber ich wohne einen knappen Kilometer von der Göttinger Straße entfernt und habe den Antrag nicht gestellt. Aber ich kenne die Antragsteller als nette, herzliche Menschen mit offenem Wesen, weshalb ich diese Terrorisierung als persönlichen Affront betrachte. Ich bin zwar nicht im Krieg, aber wie man sehen kann, wetze ich bereits die Schwerter. Dazu später mehr.
Was den Restaurantbesuch angeht...
Nun, mein Kritiker fand diesen Punkt aus meinem GANZEN Block augenscheinlich am interessantesten. Und ebenso augenscheinlich scheint er nicht zu wissen, dass ich jedesmal wenn ich in Hamburg bin, mit meinen dortigen Freunden ein Restaurant besuche. Ich möchte nicht sagen, er hat den Rest meines Blogs nicht verstanden, aber augenscheinlich hatte er Gründe, sich nur auf die Restaurants zu konzentrieren. Vielleicht weil er selbst Restaurantbesuche sehr gut kennt.
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