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Freitag, 30. Oktober 2009

Vermischtes

Hm, wenn so eine Woche ins Land geht, dann passiert so einiges. Ich will ein paar dieser "einige" aufgreifen und mit meinen persönlichen Anmerkungen versehen.

Afghanistan: Der vom deutschen Kommando angeforderte Luftangriff auf gestohlene Tankwagen wurde nun nachträglich von der NATO sanktioniert.
Vielleicht auch deshalb, weil die örtlichen Stammesführer selbst für den Angriff sehr dankbar sind und nicht müde werden zu betonen, es seien nur "böse Menschen" gestorben.
Ich persönlich frage mich immer noch eines: Was macht ein Zivilist um zwei Uhr nachts inmitten einer Horde Taliban in einer Flussfurt? Oder deren dreißig? Scheint, wir sind nicht das einzige Land, das mit ewig Gestrigen zu kämpfen hat.

Der Bundeskanzler ist tot, es lebe der Bundeskanzler: Tja, Frau Dr. Merkel ist nun wiedergewählt. Und abgesehen von der Frage, wo ihr Doktortitel plötzlich hergepoppt ist und warum sie ihren Mann und ihren Stiefsohn für den Wahlkampf doch noch in die Kameras gezerrt hat, gibt uns ein Aspekt allen zu denken: Sie wurde nicht mit allen Stimmen der Koalition wiedergewählt. Ich sage euch, Neuwahlen in einem Jahr.

Das gleiche passierte auch in Thüringen, wo der populistische MP Althaus nach seiner Wahlniederlage entmachtet wurde. Da half ihm auch nicht die großflächige Vermarktung des Unfalls mit Todesfolge, den er verursacht hatte.
In Thüringen fehlten auch seiner Kronprinzessin Christine Lieberknecht die Stimmen der Koalition, um im ersten Wahlgang zur neuen MP gewählt zu werden. Erst im dritten Wahlgang wurde sie wiedergewählt, weil hier die einfache Mehrheit reichte. Und das ist wohl ein Zeichen dafür wie rauh der Weg sein wird, der noch vor ihr liegt. Und ich wette, die Stimmverweigerer kamen nicht einmal aus dem SPD-Teil der Koalition, sondern aus der CDU-Partie - nämlich von jenen die mit Althaus unzufrieden waren und mit Lieberknecht eine Fortsetzung seiner Politik befürchten.
Fahren Sie besser nie Ski, Frau Lieberknecht.

Schweinegrippe: Eigentlich ist es eine Riesensauerei, wie über H1N1 berichtet wird. Noch nicht ein Schwein angesteckt, geschweige denn die Schweine als Ursprung der neuen Grippe sicher bestätigt, hat sich dieser Name festgefressen. Und hier wird es schweinisch: Der Name lässt sich einfach nicht ausrotten. Die Grippe selbst leider auch nicht, denn die Impfbeteiligung ist eher mäßig. Menschen interessieren sich eben mehr für rosa Wundersalben mit an Zauberei grenzenden Heilungserfolgen als für eine herkömmliche Krankheit, die den Tod bringen kann... Aber voraussichtlich nicht wird.
Btw, noch einmal: Warum sind die Jahrgänge über sechzig gegen diese Grippe immun? Ich glaube noch immer, dass das daran liegt, dass sie vor fünfzig bis siebzig Jahren einen identischen Erreger hatten und deshalb eine Immunität aufgebaut haben. Diesem Aspekt nachzuforschen wäre sicherlich interessant.
Und wenngleich ich die Impfung gegen H1N1 sinnlos, ich meine skeptisch betrachte, bin ich doch dafür, dass die Risikogruppen (chronisch Kranke, Schwangere, Rentner) zur Impfung gegen die saisonale Grippe gehen. Die fordert im Schnitt fünf- bis zehntausend Tote in Deutschland, also mehr als die Schweinegrippe weltweit geschafft hat.

Fanfiktion.de: Kaum zu glauben, aber wahr, ich habe tatsächlich mittlerweile sechstausend Aufrufe erfahren. Meine Geschichten sind beliebt wie nie. Allerdings bin ich von einem Rowlings-Hype weiter entfernt als der Mond von der Sonne. ^^°
Dennoch, die Zahl derer, denen mein Name als Autor ein Begriff ist, wächst ständig. Und vielleicht verkaufe ich dann ja endlich mal ein Buch. Aktuell steht "Für den Kaiser" vor dem Abschluss. Mal sehen, was daraus wird. Freiwillige, die eines kaufen würden, habe ich schon. ^^

In eigener Sache: Und das ist mir wirklich ein Anliegen... Leute, redet mit mir. Schreibt mir. Postet Antworten in meinem Blog. Ich weiß, dass einige meiner Fans hier mitlesen, und das etliche durch die Suchmaschinen auf mich stoßen, von denen der eine oder andere auch ein zweites mal rein schaut. Ich weiß, posten ist hier schwierig, geradezu komplex. Aber habe ich ein wenig Feedback nicht verdient, egal ob positiv oder negativ?

Sonntag, 25. Oktober 2009

Was soll der Hype?

Die Diskussion ufert aus. Das Ziel wird vollkommen aus dem Auge verloren.
Wovon ich rede? Von der bevorstehenden Impfung. Und alle, alle springen auf den Zug auf, um ihren Senf dazu zu geben. Von der rein sachlichen Variante bis hin zu fachlich qualifizierten Kommentaren ist alles dabei.
Auf Youtube bin ich dann dem Gipfel begegnet: Eine Medizinjournalistin namens Jane Bürgermeister verdächtigt das Pharmaunternehmen Baxter, die großmaßstäbliche Ausrottung der Menschheit vorzubereiten.
Dieser Punkt fällt eindeutig in die Verschwörungstheorie-Kiste und ist für mich unseriös.
Zwei Dinge sprechen m.E. gegen Frau Bürgermeisters Theorie:
1) Sie verkauft ein Buch zu diesem Thema.
2) Obwohl sie das größte Geheimnis eine elitären Spezialorganisation ausplaudert, welche mit Krankheiten die Überbevölkerung der Erde umregulieren will, sprich ein paar Milliarden ausrotten, ist sie noch immer am Leben, bzw. fürchtet sich nicht davor, von dieser geheimnisvollen verbrecherischen Organisation verfolgt zu werden.
Dies sind Auswüchse wie der Fall der rosa Wundercreme gegen Neurodermitis und Schuppenflechte, die während der TV-Sendung vom "Heilmittel" zum "Therapieunterstützenden Präparat" reduziert wurde. Auch hier versucht der Regisseur des Fernsehfilms zum Thema, ein Buch zu verkaufen, und ein mittelständisches Schweizer Pharmaunternehmen die Creme zu vermarkten.
Leute, so viele globale Verschwörungen haben wir nun auch wieder nicht. Ist doch klar, dass der Komplex nicht für alle reicht. Ich persönlich beschließe jedenfalls, immer erstmal skeptisch zu werden, sobald das Wort "Verschwörung" fällt. Zumeist in Verbindung mit "die da", "die Konzerne", "die ganz oben" oder "es gibt Leute".

Kommen wir aber mal zu den Fakten zurück. Was wissen wir?
Schweinegrippe tauchte das erste Mal offiziell in Mexico City auf; angeblich hoch ansteckend und supertödlich, weil sich hauptsächlich junge Menschen daran infizierten und daran auch starben. Daraufhin stürzten sich die großen Medien auf das Thema und entwickelten ein Szenario, das düsterer nicht sein könnte.
Nun, das düstere Szenario blieb aus. Mexico City wurde nicht entvölkert, und die Grippe verbreitete sich zwar in viele westliche Länder, darunter die USA und Europa, aber der weitere Verlauf der H1N1-Grippe war eher mild zu nennen. Hauptsächlich Personen aus Risikogruppen fielen ihr zum Opfer, während ältere Semester ab sechzig dagegen weitgehend immun zu sein scheinen. (Anmerkung von mir: Könnte eventuell daran liegen, dass die wirklich immun sind. Was bedeutet, dass sie diesen Virus wahrscheinlich schon mal hatten - vor fünfzig bis siebzig Jahren.)
Durch den Medienhype, der voll auf eine tödliche und Bilderwirksame Pandemie wie die Schwarze Pest im Mittelalter setzte, ließen sich auch die Behörden infizieren: Sie bestellten große Mengen des Impfstoffs, um ihre Bevökerung zu schützen, was an sich voraus schauend und löblich ist.
Nun ist der Impfstoff fertig, weltweit gab es ein paar hunderttausend Infizierte und ein paar tausend Tote. Versteht mich nicht falsch, ich will die Verstorbenen weder verhöhnen noch abtun, im Gegenteil. Mein Mitgefühl gehört den Angehörigen.
Aber wir haben den Impfstoff nun einmal, und fünfundzwanzig Millionen Deutsche können immunisiert werden.
Ich will jetzt nicht auf Frau Bürgermeisters Zug aufspringen, da sie behauptet, die Geimpften würden nicht immunisiert sondern mit einem besonders tödlichen Präparat infiziert werden.
Ich will auch nicht auf den anderen Zug aufspringen, der die Nebenwirkungen der Impfung aufpuscht und den "Impfungs-Hype" beschreit, da ich ein erklärter Befürworter der Impfung an sich bin.
Und ich will gar nicht erst auf Einzelrisiken eingehen.
Stattdessen überlege ich ein wenig an den Fakten herum.
Fakt ist, die "Schweinegrippe" hat sich außersaisonal weit verbreitet, allerdings mit mildem Verlauf und im Anbetracht der Infektionszahlen mit geringen Todesfällen.
Fakt ist, die Medien (vor allem die BLÖD) versuchen noch immer die Pandemie herbeizuschreien, was die Gegner eher noch stärkt als das es sie straucheln lässt.
Fakt ist, dass die normale Grippesaison kurz bevorsteht, der Winter. Also jene Zeit, in der unser Immunsystem durch weniger Bewegung, schlechtere Ernährung (als wäre es so schwer mal etwas Obst zu essen ^^° ), sowie trockene, überheizte Raumluft ohnehin geschwächt ist. Für diesen Zeitraum erwarten wir die normale Grippewelle, die wie meistens aus den Ballungsgebieten Südostasiens kommt und Ende Dezember, Anfang Januar hier eintreffen wird, um ihre fünf- bis zehntausend statistischen Todesfälle zu fordern. Wie sich ein zweiter Virus in dem Getümmel ausmachen wird, kann man gar nicht sagen. Das ist sowohl ein Argument FÜR als auch GEGEN die Impfung.
Fakt ist, dass sich die reguläre neue Grippe und die H1N1-Grippe in einem Infizierten treffen können, Daten austauschen und ein neuer gefährlicherer Virus entsteht. So läuft die Scheiße nämlich, und das wäre wieder ein Argument FÜR die Impfung. Aber genauso gut kann auch ein harmloser Drei Tages-Schnupfen dabei herauskommen. Denn Viren haben weder ein Bewusstsein, noch einen eigenen Willen. Sie haben keinen Plan, kein Konzept und keinen Zeitdruck. Sie sind beinahe Maschinen, am äußersten Rand dessen, was die Wissenschaft als lebendig bezeichnen würde. Sie planen nicht, sie tun einfach. Und da sie kein Bewusstsein haben, haben sie auch keine Ziele. Ziele wie die Menschheit auszurotten, beispielsweise. Das spricht wieder GEGEN eine Impfung.
Fakt ist, dass die älteren Semester eher selten infiziert werden. Daraus allerdings den Umkehrschluss zu ziehen, es würden hauptsächlich junge Leute infiziert werden, ist hanebüchen. Ich lasse hier lediglich ein "unter sechzig" gelten.

Natürlich kann man sich impfen lassen. Natürlich kann man durch die Immunisierung verhindern, dass gerade der eigene Körper durch eine Doppelinfektion von H1N1 und der regulären (aber neuen, verdammt noch mal. Darauf wird viel zu wenig aufmerksam gemacht! Jeder saisonale Virus ist auch ein NEUER Virus!) Grippe der Brutort einer neuen Supergrippe wird.
Aber: Man hat keine Garantie, das der Nachbar dann nicht zu eben jenem Superbrutherd wird, und dann widerum einen infiziert... Dass die Impfung gegen den neuen Supervirus funktioniert ist nämlich äußerst unwahrscheinlich.
Und auch der Medien-Hype, der immer noch versucht Recht zu behalten, die Regierungen die nun versuchen, mit Hinweis auf die eigentliche Grippe-Saison die dieses Jahr "besonders übel ausfallen kann" (aber keinesfalls muss) ihren Impfstoff, der gekauft und unbenutzt herum liegt, an den Mann zu bringen, sind der Sache letztendlich nicht zweckdienlich.
Danke, liebe Bundesregierung, dass ihr so besorgt wart und den Impfstoff produzieren lassen habt, um ganz Deutschland vor der Ausrottung zu retten. Aber ich für meinen Teil habe mich dazu entschieden, mich NICHT impfen zu lassen, weil ich zwar zur Risikogruppe der "Jungen" gehöre, ansonsten aber gesund bin. Eine kleine Infektion wird mich eher stärken als töten.
Außerdem, angenommen, es entsteht eine neue Supergrippe, und ich infiziere mich mit ihr...
DANN GIBT ES IMMER NOCH TAMIFLU? Schon vergessen? Und Donnie Rums freut sich dann bestimmt über den zusätzlichen Umsatz.
Tamiflu wirkt gegen Schweinegrippe. Damit ist die Chance auch recht groß, dass sie auch gegen eine eventuell entstehende neue Supergrippe hilft. (Betonung auf eventuell.)
Ich bin nicht gerade ein Freund der hypenden Pharma-Unternehmen... (Unsere hart arbeitenden mittelständischen Nonglobalplayer mal außen vor gelassen.)
Aber in diesem Fall habe ich das große Vergnügen, zwei Produkte der Global Pharma-Welt gegeneinander ausspielen zu können. Und das ist wirklich ein Vergnügen. Würde mich freuen, wenn Tamiflu auf diesem Weg wieder in die Diskussion kommt. Was dann allerdings in den Medien passiert... Könnte durchaus interessant werden.

Edit: Im April, gerade in meinem eigenen Blog nachgelesen, hieß es noch, Tamiflu hilft. Daraufhin bedienten sich Zehntausende auf mehr oder weniger legalen Wegen an diesem Medikament.
Heute, auf dem Höhepunkt der Impf-Operation wird Tamiflu eine Wirkung abgesprochen.
Marketing? Die Wahrheit? Beides? Oder will man sich mit dem einen Produkt nicht das andere kaputt machen lassen?
Fakt ist in jedem Fall, dass Tamiflu TROTZDEM gegen einen eventuellen Supervirus im Januar helfen kann. Falls es einen Supervirus gibt.

Edit am 26.10.: Und noch was ist mir aufgefallen... Sollte es wirklich zu einer zweiten, schwereren H1N1-Welle zwischen Januar und März kommen, kann man sich immer noch impfen lassen. Die Immunität tritt nach ca. zwei Wochen ein, wenn ich es richtig im Kopf habe.

Samstag, 24. Oktober 2009

Sarrazin und keine Ruhe

Ehrlich, es kommt selten vor, aber ich muss mich entschuldigen. Vor ein paar Tagen verfasste ich einen Blog unter der Voraussetzung, dass der Deutsche Bank-Vorstand Thilo Sarrazin tatsächlich sehr umstrittene Äußerungen zu Türken und Arabern in Deutschland, bzw. Berlin geäußert hatte.
Dabei stützte ich auf eine Meldung von Gmx.de...
Nun aber bin ich über meinen Lieblingsblogger Bildblog.de darauf gestoßen worden, dass die gesamte Thematik von der BILD künstlich aufgebauscht und gehyped wurde.
Man stelle sich vor, ausgerechnet die BLÖD steht auf der Seite der Migranten, obwohl die doch eher viel besseres Entfremdungsdiskussionsmaterial und "Darum darf die Türkei nicht in die EU"-Material bieten.
Leider verlinkten Niggemeyer und Co., die im Gegensatz zu mir journalistische Arbeit leisten, nicht auf das volle Sarrazin-Interview. Was ich aber bisher gelesen habe, lässt NICHT auf einen polternden, polemischen und rassistischen alten Stammtischmann voller Vorurteile schließen. Im Gegenteil, während er über Berliner Subventionen und über die Stadtentwicklung redet, entpuppt er sich als charmanter, leicht aggressiver (weil er den Finger auf die Wunde legt und darin bohrt) Plauderer, der zumindest den Anschein hat, über die Themen Ahnung zu haben, die er aufgreift.
Spiegel.de bringt dann noch einmal die wichtigsten Zitate, und siehe da, die Kernvorwürfe erwähnt die Sammlung gar nicht.

Herr Sarrazin, ich gestehe hiermit ein, dass ich Defizite habe. Defizite in meiner Recherche, Defizite in meinem blinden Vertrauen in vermeintliche Qualitätsmedien, Defizite auf die Untertöne zu hören. Hätte ich früh genug gesehen, dass die BLÖD diese Geschichte zuerst aufgenommen, breit getreten und entfremdet hat, wäre ich ihr nie so leichtgläubig auf den Leim gegangen.
Ich spreche Sie damit nicht frei; ich schiebe mein Urteil auf bis ich besser recherchiert habe.
Der Auszug Ihres Interviews auf Lettre International hat mich auf jeden Fall überrascht und zum Umdenken bewegt.
Ich entschuldige mich für mein voreiliges Handeln und werde weiter bohren. Sollte ich dennoch die Vorwürfe bestätigt sehen, versichere ich Ihnen, Herr Sarrazin, habe ich jetzt dennoch eine bessere Meinung von Ihnen als vor dem Auszug aus dem Interview.

Edit: Hier ein Link zum fraglichen Teil des Interviews, das ich aber mindestens noch durch eine Quelle gegenchecken werde.
Der Mann klingt mehr sachlich als verhetzend, aber auf keinen Fall befleißigt er sich der Political Correctness.

Freitag, 23. Oktober 2009

Die Erfolgsmeldungen häufen sich...

...nicht in der Wirtschaft, der Politik oder der Gesellschaft, aber bei mir.
Just um 22 Uhr 15 festgestellt: Die Anzahl der Aufrufe meiner Stories auf Fanfiktion.de hat die sechstausend erreicht. Damit hätte ich nie gerechnet, als ich im April begann, zu meinen zwei dahin dümpelnden Konzepten Dutzende weitere hinzu zu fügen.
Ich hätte immer noch sehr gerne Vergleichszahlen von anderen Autoren, aber ich habe noch keine kennen gelernt.
Muss ich mich eben mit achtzig Kommentaren begnügen.
So, und jetzt geht es mit vollen Schritten auf die zehntausend VOR Weihnachten zu. ^^

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Zahlenprobleme mit der BLÖD-Zeitung

Es kommt vor. Wirklich, manchmal passiert es einfach. Da stehe ich vor dem Zeitschriftenregal und greife interessiert nach einer BILD-Zeitung.
So ist es auch heute geschehen. Der Aufmacher der BLÖD diesmal: Renommierter Professor befürchtet neununddreißigtausend Tote durch die Schweinegrippe-Epidemie.
Dazu noch etwas weiter unten: Schwerer Verlauf der Schweinegrippe und neue Epidemiewelle im Winter befürchtet. Dreißig Millionen Krankheitsfälle.
...sacken lassen.
Ich will jetzt nicht auf den Offensichtlichen Dingen herum reiten, wie zum Beispiel der Tatsache, dass nächste Woche die Massenimpfungen gegen H1N1 beginnen sollen, und sich viele Bundesbürger (nicht verschrecken lassen) gegen eine Impfung sind, weshalb es der Bundesregierung womöglich an fünfundzwanzig Millionen Impfkandidaten für das teure Produkt fehlen wird. Oder zu bedenken geben, ob ein Mensch, der gegen Schweinegrippe geimpft wurde, auch Impfschutz genießt, falls der Virus mutiert und damit einen vollkommen anderen Aufbau hat. Und ich möchte auch nicht großartig darauf herumreiten, wie oft schon ein "schwerer Verlauf der Infektion" herbeigeschrieen haben, der aber nie eingetreten ist. Fakt ist, dass man nur mit äußerstem Wohlwollen laut unserer Medienlandschaft einen einzigen Todesfall in Deutschland bestätigen könnte. Wie gesagt, mit äußerstem Wohlwollen und drei zusammengedrückten Augen, inklusive Hühneraugen.
Nein, darum geht es in meinem Blog nicht.

Diesmal geht es um die Zahlenmagie von BLÖD.
Nebenbei bemerkt, manche mögen sich wundern, warum ich einerseits BLÖD und dann BILD schreibe. Das ist leicht erklärt. BLÖD ist meine Meinung. BILD dient dazu, damit auch wirklich jeder versteht, WEN ich meine.
Die Zahlenmagie. Angenommen, Schweinegrippe mutiert. Angenommen, es kommt tatsächlich durch den neuen Virus zu einer Grippewelle, die dreißig Millionen Bundesbürger erfasst.
Und angenommen, es kommt in dessen Folge zu neununddreißigtausend Toten...
Dann haben wir prozentual gesehen IMMER NOCH einen milden Verlauf, da in diesem Fall der Virus für 0,1% der Bevölkerung tödlich wäre.
Zynisch? Giftig? Keineswegs. So rechnet man nun mal in Mathematik. Und in der Seuchenkunde misst man eine Grippe an ihrer Verbreitung und ihrer Tödlichkeit.
Einmal ganz davon abgesehen, dass eine Infektionswelle, die mehr als jeden dritten Bundesbürger mit fiebriger Erkältung ins Bett bannen würde, mehr als ungewöhnlich für eine Grippe wäre, um nicht zu sagen der pandemiale Super-GAU, befürchtet besagter von BLÖD zitierter Professor diese (theoretisch möglichen, praktisch nicht wahrscheinlichen) Zahlen für eine mutierte H1N1-Form. Und da gilt wieder die Frage: Wirkt die Impfung in diesem Herbst gegen H1N1 auch gegen eine mutierte Form? Und ich spreche hier von einer Schutzimpfung, keiner Aktivierung des Immunsystems. Eine Impfung macht den Körper mit einem Erreger vertraut, er bildet Antikörper und sorgt im Idealfall dafür, dass die Krankheitserreger bei einer tatsächlichen Infektion gar nicht erst dazu kommen, sich zu vermehren, weil sie erkannt und vernichtet werden. Ich glaube eher nicht.
Andererseits wird die Industrie sicherlich drei, vier Monate, nachdem der mutierte tödliche Killervirus mit dreißig Millionen Infizierten und neununddreißigtausend Toten durch Deutschland gezogen ist, einen Impfstoff entwickelt und zur Verteilung bereit haben.
Andererseits, wenn über zwei Fünftel der deutschen Bevölkerung diese Grippe bereits gehabt haben, ist das schon eine eigene Immunisierung.
Bleibt nur noch eine Frage: Wer bezahlt BLÖD für diese Schleichwerbung?

Edit am 22.10.: Heute habe ich die BLÖD tatsächlich mitgenommen. Zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, sie war umsonst.
Der großer Aufmacher waren zehn Redakteure, die zur Impfung geschickt wurden, und die anschließend unisono darüber berichteten, wie harmlos die Impfung doch gewesen war, wie wenig man gespürt hat und wie wichtig es doch ist, dass Menschen im öffentlichen Leben nicht zur "Virus-Schleuder" werden.
Alles schön und gut. Wir haben nun zehn in gut zwei Wochen immunisierte BLÖD-Redakteure.
Der Haken bei der Geschichte ist schlicht und einfach: Die Diskussion geht nur sekundär um die Nebenwirkungen der Impfung (siehe Verstärker und den ganzen anderen Nonsens, der durch die Medien schleicht), es geht um den NUTZEN! Da H1N1 sich dazu entschlossen hat, in Deutschland weder tödlich zu sein, noch einen so genannten schweren Verlauf zu verursachen, ist genau diese Nutzen mehr als fraglich.
Und, wie ich oben schon erwähnte, ist diese Impfung nicht effektiv, falls sich H1N1 zur neuen Supergrippe durchmutiert, weil wir es dann mit einem neuen Virus zu tun haben.

Ich betätige mich mal wieder als Prophet: Es wird nicht lange dauern, und die BLÖD-Zeitung wird die Zwangsimpfung fordern, um "Deutschland vor der Katastrophe zu retten". Oder, zwischen den Zeilen gelesen, um die fünfzig Millionen Einheiten angekauften Impfstoff zu verbrauchen, damit er nicht vollkommen sinnlos Staub ansetzt.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Politische Arbeit in der Regierungsmannschaft ist politisch

Oder um es anders auszudrücken, lobbyistisch.
Was ich und viele andere erwartet haben, ist eingetreten: Union und FDP einigten sich auf ein milliardenschweres Subventionsprojekt, das einigen wenigen Mega-Konzernen erstens Milliarden an zusätzlichen Gewinnen in die Kassen spülen wird und zweitens noch einmal die gleiche Summe als Subventionen. Und der Höhepunkt bei der Geschichte ist, dass der Müll, den die Konzerne produzieren, nicht von ihnen selbst entsorgt wird, sondern dem Bund. Und der sucht auch noch - auf Staatskosten - einen geeigneten Müllplatz, der natürlich auch auf Staatskosten betrieben wird.
Richtig, ich rede über die Atomkraft. Union und FDP hatten ohnehin die Laufzeitverlängerung sicherer Kraftwerke in ihren Wahlprogrammen, also überrascht es nicht wirklich, was bei den Koalitionsverhandlungen festgelegt wurde, wie Gmx.de berichtet.
Mich überrascht nur die Dreistigkeit, mit der den Menschen verkauft wird, die Atomenergie sei notwendig. Dazu kommt auch noch die Unverschämtheit, Atomkraft als "Brückenenergie" zu klassifizieren, die "bis zur Ersetzung durch alternative Energien unbedingt nötig ist".
Aber wenn die Laufzeiten "sicherer" Atomkraftwerke erst einmal durch sind, werden ihre Laufzeiten dann auch irgendwann einmal beendet sein? Atomkraftwerke halten nun mal nicht ewig, und jedes einzelne hat einen hochgradig verstrahlten Reaktor, den man nicht einfach ausbauen und endlagern kann. Wohin mit alten Atomkraftwerken ist nur EIN Problem von vielen. Der Weiternutzung der Atomkraft auf unbestimmte Zeit und der Erklärung, ALLE Atomkraftwerke in Deutschland wären sicher und könnten zeitlich unbegrenzt betrieben werden, steht somit nichts mehr im Wege.
Das Dreisteste jedoch ist die Meinung der Leser dieses Artikels. Gmx.de hat eine Umfrage dazu gestartet, und zweiundfünfzig Prozent sprachen sich gegen einen Atomausstieg aus.
Bei den Lesermeinungen stieß ich dann auf folgende Frage: Was passiert wohl, wenn wir alle Atomkraftwerke einfach abschalten?
Mein lieber unbekannter User, und alle anderen die eifrig für den Erhalt der Atomkraft stimmen, ich will diese Frage beantworten und damit den Nutzen der Atomkraft ein für allemal klären. Was passiert also, wenn wir heute, Sonntag, oder morgen, Montag, einfach mal alle Atomkraftwerke abstellen? ...Richtig, es passiert NICHTS!
Wie, nichts? Ja, es passiert rein gar nichts. Denn das bisschen Spannung, das die Atomkraftwerke liefern, wird dann automatisch von Kohle-, Öl- und Gaskraftwerken ersetzt, die genau für diesen "Notfall" in der Lage sind, ihre Stromabgabe rapide zu erhöhen, um die fehlende Spannung auszugleichen.
Gut, gut, ich will ehrlich sein. Wahrscheinlich käme es hier und da zum Zusammenbruch des Versorgernetzes, aber das wäre nur temporär und bei weitem nicht so schrecklich wie "In Deutschland gehen alle Lichter aus".
Und wenn alle Stricke reißen importieren wir einfach ein wenig Fremdstrom. Das tun wir ohnehin, obwohl im Inland mehr Strom produziert wird als wir wirklich brauchen.
Wie das kommt? Tja, das ist dann ein eigener Blogeintrag, der mit Subventionen, Bilanzen und gierigen Stromkonzernen zu tun hat, sowie einer Aufsichtsbehörde, die m.E. ihren Job zu machen hat.

Fazit: Schleichend öffnet das Merkel der Atomindustrie die Tür für unbegrenzte Laufzeiten, kostenlose Atommüllentsorgung und volle Subvention ihres Produkts. Und alle freuen sich darüber? Nicht alle. Nur all jene, die tatsächlich noch immer glauben, Atomenergie wäre notwendig und hätte Zukunft. Kraftwerke sind nicht unersetzlich, und der produzierte Strom wäre in der Tat billiger. Das wäre gut für uns alle.
"Aber was ist mit CO2?" Genau, was ist mit CO2?
...Seit wann produzieren Photovoltaik-Anlagen und Offshore-Windkraftparks CO2?
"Du willst ja nur die Kohlekraftwerke behalten! Die produzieren CO2!"
Richtig. Aber schon mal was von moderner Filtertechnologie gehört? Also, hinsetzen, googlen, informieren, und dann meckern. Nicht einfach der Union auf den Leim gehen und fadenscheinige Argumente nachkrächzen.
Denn sich informieren, seine eigene Meinung zu bilden ist heute leichter als je zuvor.
Ich habe es getan, wie man sieht. Und Ihr?

Freitag, 16. Oktober 2009

It really doesn´t matter, if you´re black or white...

Zeit-Online.de hat einen längeren Bericht über den Autoren und Undercover-Reporter Günter Wallraff, genauer gesagt über seine aktuelle Aktion als "Schwarzer in Deutschland" veröffentlicht.
Wallraff, der auch mit persönlichen Kommentaren zu Wort kommt, schildert dort die ganz einfachen alltäglichen Mühen, die ein Schwarzer in Deutschland hat, bis hin zu wildem Opportunismus von offiziellen Stellen. Die Ironie in seinem Bericht liegt daran, dass er nach eigener Aussage nur einmal beinahe enttarnt worden wäre. Alle anderen haben nicht hingesehen, bzw. nach seiner Hautfarbe beurteilt und behandelt. Versteht mich nicht falsch, ich hätte ihn wohl auch nicht erkannt, dazu kenne ich ihn nicht gut genug. Es soll in diesem Blog auch gar nicht um Diskriminierung, Eingliederung und dergleichen gehen. Nein, ich will hier und heute der deutschen Öffentlichkeit einen Zahn ziehen. Einen langen mit schmerzhaft verwachsener Wurzel und Geschwüren im Fleisch, der mich schon lange beschäftigt.
Wallraff begegnete Ost wie West immer einem gemeinsamen Gedanken: Deutschland deutsch (und weiß), Afrika den Afrikanern (schwarz).

Afrika den Afrikanern/Schwarzen: Hier treffen wir schon mal auf den ersten Denkfehler. Afrika ist schwarz? Entschuldigung, aber das stimmt so nicht. Wahr ist, dass die negriden Völker in Afrika in weiten Teilen dominieren, und das sie ethnisch einander sehr nahe stehen, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Dutzende anderer Völker leben auf unserem Nachbarkontinent: Araber, Buschleute, Chinesen (ja, Chinesen), Inder (auch Inder, und gar nicht mal wenige) sowie Vertreter jener Volksgruppen, die zwar recht dunkle Haut haben, aber nicht in die Kathegorie der negriden Völker einzuordnen sind. Als Beispiel nenne ich hier den Volksstamm der Pygmäen.
Ich will hier nicht zu ausführlich werden, weil die paar Zeilen da oben erstens der Völkervielfalt Afrikas nicht gerecht werden und zweitens auch gar nicht das Hauptthema sein sollen. Es soll nur kurz aufführen, dass Afrika nicht automatisch schwarz ist. Die Ägypter würden sich da sicher zurückgesetzt fühlen. Mein Thema bezieht sich auf den anderen Part.

Deutschland den Deutschen/Weißen: Einer der meiner Meinung nach größten Fehler in der vorherrschenden, von Vorurteilen und Missverständnissen geprägten Unkultur im Umgang mit Ausländern ist der Irrglaube, Deutschland hätte eine homogene Bevölkerung, beziehungsweise wir wären eine einheitliche ethnische Gruppe.
Niemand käme auf den Gedanken zu sagen, ein Russe, der in Deutschland lebt, sein ein Deutscher, egal wie weiß er ist, was widerum eine ganz eigene Form des Rassismus ist.
Im Gegenzug würden jedoch viele "Deutsche" sofort unterschreiben, dass die Wolgadeutschen, die nach und nach zu uns reemigrieren, Russen sind.
Beide Fraktionen sind automatisch diskriminiert, obwohl eine von ihnen, die Russlanddeutschen, uns genetisch nahe steht. Das zu definieren wäre allerdings ein eigenes Thema.
Womit allerdings bewiesen wäre, dass das Schlagwort: Deutschland=weiß nichts weiter ist als eine rassistische Farce. Bedient wird hier nach der Reihenfolge der Eingänge, und das ist sehr traurig.

Schauen wir uns abseits der Deutsch-Immigranten und weißer Einwanderer, bzw. Gastarbeiter um. Ist Deutschland homogen? Ja, möchte man sagen, wenn sogar die Bayern nicht als eigene Volksgruppe gelten. Aber ist das wirklich so? In der Tat nicht, denn abgesehen davon, dass in den Grenzgebieten Deutsche und Ausländer vermischt sind (also im polnischen Grenzland Deutsche und Polen, in Bayern Deutsche und Tschechen, über Elsaß-Lothringen wollen wir gar nicht erst anfangen) gibt es in Deutschland anerkannte ethnische Gruppen, die als eigene Minderheit gelten und vom Bundestag mit weit reichenden Sonderrechten ausgestattet wurden, bis hin zum Schulgang in der Muttersprache und der Vertretung vor Gericht mit einem Dolmetscher. Roma und Sinthi zum Beispiel. Sehe ich da jemanden abfällig grinsen? Das Beispiel hört hier nicht auf, und das Ergebnis lässt dieses grinsen sicher verblassen. Weitere ethnische und durch den Bundestag protegierte und privilegierte Gruppen sind: Die dänische Minderheit in Holstein; die Friesen in Ost- und Nordfriesland; die Sorben in Sachsen und Brandenburg. Homogenes Deutschland? Wohl eher nicht.

Kommen wir zum nächsten Irrglaube: Was ist deutsch, abgesehen von einer Nationalität, in die wir hineingeboren wurden? Die Kultur? Die Sprache? Das soziale Umfeld? Die traditionelle Strukturen der Familien? Weiß zu sein?
Von diesen fünf Punkten ist der letzte der lächerlichste, wenn ich an Jimmy Hartwig, Günther Kaufmann oder Patrice Bouédibéla denke, die unsere Kultur mehr als bereichern.
Sicher, Kultur und Sprache sind Dinge, die uns zu einem größeren Ganzen machen, aber im gleichen Atemzug, in dem wir das anerkennen, sind es auch die wichtigsten, bzw. einzigen Gründe, die aus einem Menschen einen Deutschen machen.
Es ist nicht die Hautfarbe, es ist nicht die Haarfarbe, es sind nicht die Eltern, Großeltern oder Urgroßeltern, die deutsch machen. Es ist, Teil dieser Kultur zu sein, und, wer es exakt haben will, deutsch zu sprechen.
Vor siebzig Jahren kam ein kleiner, untersetzter, Chaplinbärtiger Österreicher und vertrat die Ansicht von der Herrenrasse, die groß, blond und blauäugig sein musste.
Die meisten Menschen in DVU, NPD oder Republikaner, die noch heute diese Ansichten vertreten, erfüllen diese Anforderung nicht einmal ansatzweise. Was ist dieses Klischee also wert? Nichts, richtig.
Ich persönlich? Ich bin nur groß, von blond und blauäugig keine Spur. Bin ich deswegen weniger Deutscher? Nun, wenn man wirklich diese Kriterien anlegen würde, könnte ich es nur hoffen.

Kommen wir zu einem noch interessanteren Aspekt, der Geschichte: Die europäische Geschichte, beginnend mit den Aufzeichnungen römischer Historiker vor etwas mehr als zweitausend Jahren, kennt Gallier und Germanen nördlich der Donau und zu beiden Seiten des Rheins. Später ziehen die Ostgoten durch dieses Gebiet und siedeln im heutigen Spanien, während die Westgoten nach Osten ziehen. Und das sind nur zwei ethnische Gruppen, die am Anfang eines wirren Hin und Her stehen. Sibirische Reitervölker wie Hunnen und Tartaren durchqueren dieses Gebiet ebenfalls, und sie sind nicht die Letzten. Unter Karl dem Großen werden eine Menge Kriege mit Völkern östlich der Elbe geführt, die damals schon als Sachsen bekannt waren, und die ihrerseits Auswanderungswellen starteten. Es folgen diverse weitere Ein- und Auswanderungswellen, die letzte große mit der Eroberung Nord- und Südamerikas (wir erinnern uns alle: Irland und Schottland haben sich vom Aderlass dieser Auswanderungen bis zum heutigen Tag noch nicht vollkommen erholt), Kriege überziehen das Land und lassen die verschiedensten Völker durch das heutige Deutschland ziehen, und am vorläufigen Ende steht die Kleinstaaterei mit Preußen als größtem Staat, dem man das Label "deutsch" aufdrücken könnte. Erst mit dem ersten deutschen Kaiser der Neuzeit endet die Kleinstaaterei und macht einem Gebilde Platz, das geographisch Deutschland definiert. Und ethnisch? Ein wilder Mix aus alteingesessenen Völkern, Einwanderern, Invasoren und Hängengebliebenen. Vom Schwarzhaarigen mit dunkler Haut, dessen Familie seit zwanzig oder mehr Generationen in Deutschland lebt bis zum bleichen Blondschopf, der ebenfalls seine Familie ein paar Jahrhunderte zurückverfolgen kann, ist hier alles vertreten.
Ich pflege in diesem Zusammenhang immer gerne zu sagen, dass Deutschland der Schmelztiegel Europas ist, weil hier alles durch kommt, jedes Volk hier einmal durch zieht und seine Spuren hinterlässt.

Mein persönliches Fazit: Deutsch? Deutsch was? Wer deutsch spricht und sich der deutschen Kultur verbunden fühlt, ist m.E. Deutscher. Gibt es noch etwas darüber hinaus? Äußerliche Merkmale? Sicherlich nicht. Wer dies behauptet redet aus Angst, Borniertheit, Rassismus oder sonstigen Beweggründen, mit denen er versucht, sich selbst auf- und andere abzuwerten. Vornehmlich jene, die sich voraussichtlich nicht wehren werden oder können. Und dann natürlich bitte nur aus der Sicherheit der Gruppe heraus, sei dies nun die Wehrsportgruppe, der Stammtisch oder die Schulklasse.
Ausländern mit Vorurteilen oder gar Haß begegnen, weil sie "hier nicht hergehören", "nicht weiß sind" oder "nicht deutsch sein können" ist himmelschreiender Blödsinn, ebenso die Legende vom ethnischen Deutschen.

Hierzu etwas zu meiner Person. Ich wurde `74 in Niedersachsen geboren, bin also defacto Deutscher. Auch meine Vorfahren sind deutscher Abstammung, doch die Herkunft macht das Thema interessant. So gehörte mein Vater zu den Ostpreußen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs nach Westdeutschland emigrieren mussten. Er selbst verfolgte seine Vorfahren, wobei ich das jetzt nicht belegen kann, auf bayerische deportierte Protestanten zurück, die auf Wunsch der Deutschritter im heutigen Ostpreußen, z.B. Masuren, vor knapp fünfhundert Jahren angesiedelt worden waren.
Auf mütterlicher Seite kann ich auf eine niedersächsische Oma mit holländischen Vorfahren und auf einen rheinischen (Aachener) Opa schauen, dessen Familie demnach im deutsch-französischen Grenzgebiet gelebt hat. Wenn man es genau sehen will, bin ich ein Mischling, und ich bin da auch verdammt stolz drauf. Ich definiere mich als Deutscher, nicht weil ich blond und blauäugig bin, sondern weil dies die Kultur ist, in der ich aufgewachsen bin, und die ich mir zu eigen gemacht habe. Es käme mir demnach nie in den Sinn, einem Fremden mit mehr als anfänglicher Vorsicht zu begegnen, da ich defacto aus anderthalb Flüchtlingsfamilien stamme, die ihrerseits erhebliche Diskriminierungen über sich hatten ergehen lassen müssen, obwohl sie deutsch waren. Andererseits bin ich in keinster Weise bereit, das Label "deutsch" diskriminierenden, beleidigenden und sogar verletztenden Idioten zu überlassen, die meinen, sie könnten sich damit über andere erheben.
Gebt mir mein Land der Dichter und Denker, der kulturellen Vielfalt und der verschiedensten, in Harmonie und Frieden lebenden Menschen zurück, Ihr Idioten!

Sonntag, 11. Oktober 2009

Simon says...

"Simon says" ist ein amerikanisches Kinderspiel, in der eines der Kinder eine Tätigkeit vorführt und mit "Simon says" ansagt - alle anderen machen es ihm nach.
Die Leser der BILD am Sonntag spielen gerade "Sarrazin says", und blamieren sich damit m.E. selbst.

Was ist passiert? Thilo Sarrazin, Vorstand der Bundesbank hatte sich in einem Interview unwillig über den Integrationswillen von Türken in Deutschland geäußert. Das war sogar Gmx.de einen Bericht wert. Nun hat die BLÖD am Sonntag das Meinungsforschungsinstitut Emnid mit einer "repräsentativen" Umfrage betraut, und deren Ergebnis war, dass einundfünfzig Prozent der Deutschen seinen Aussagen zustimmen.
"Nicht integrationsfähig, nicht integrationsbereit", so Sarrazin laut dem Gmx.de-Artikel. Ach ja, ich habe ganz vergessen, dass er Araber auch in die Debatte geworfen hat.
Für das Ergebnis dieser Umfrage wurden fünfhundertneun Leute befragt, und abgesehen von den Wählern der Grünen stimmten die Wähler aller anderen Fraktionen seiner Aussage zu. Zweiundzwanzig Prozent stimmten sogar zu bei der Frage, ob es richtig von ihm gewesen sei, eine Integrationsdebatte angestoßen zu haben.
...sacken lassen.
Fünfhundertneun Personen? Repräsentativ? SPD-Wähler stimmen seiner Aussage zu? Bin ich der einzige, der ein halbes Tausend in keinster Weise für repräsentativ hält? Mal kurz im Kopf überschlagen und sehr großzügig gedacht sind das 0,001 Prozent der deutschen Bevölkerung.

Meine Meinung: Wir haben hier einen älteren Manager, der über Arbeitsmoral, Lebensweise und Integrationsbereitschaft aller Türken und Araber in Deutschland schimpft, ja, geradezu niedermacht. Und die BLÖD am Sonntag hat nichts eiligeres zu tun, um diese These durch eine "repräsentative" Umfrage mit Rückhalt der deutschen Bevölkerung zu untermauern.
Wer bezahlt Emnid für diese Studie? Die CSU mit ihrer "Die Türkei darf auf keinen Fall in die EU"-Paranoia? NPD, DVU oder Republikaner?
Auf jeden Fall ist der BLÖD am Sonntag mit dieser Umfrage ein Riesenwurf gelungen. In welche Richtung er geht und wie er sich weiter auswirkt ist noch offen. (Also, ich hätte nichts gegen eine weiter sinkende Auflage der BamS)
Sehr geehrter Herr Sarrazin, hat Ihnen noch niemand erklärt, dass Verallgemeinerungen grundsätzlich gefährlich, verfälschend und polemisch sind? Sind Sie ein aggressiver Agitator oder einfach nur ein bisschen... Sagen wir gehässig?
Und liebe BamS-Redaktion, was wäre wohl passiert, wenn Ihr eine repräsentative Telefonumfrage gemacht hättet? Ja, warum habt Ihr das eigentlich nicht? Das passiert doch sonst immer bei solchen Themen? Angst vor dem Ergebnis?

Herr Sarrazin, vor einundsechzig Jahren hat es mit den Juden im Dritten Reich genau so begonnen. Bitte denken Sie nach, bevor Sie als Vertreter der wichtigsten Bank Deutschlands solche Äußerungen treffen. Sie sind ehrverletzend, peinlich, abstrus und populistisch.
Ich bin sicher, eine ganze Reihe türkisch-deutscher Geschäftsleute, Abteilungsleiter, Manager und Akademiker werden eine sehr lange Zeit nicht gut auf Sie zu sprechen sein.
Von den türkischen Mitarbeitern in Ihrem Haus ganz zu schweigen. Ich hoffe, Sie haben ein dickes Fell, denn jedes Wort, das Sie bereits bekommen haben, und das Sie in den nächsten Wochen erwartet, haben Sie von A bis Z verdient.

Edit: Meine Heim- und Magenzeitung, die Leine Deister Zeitung, berichtet im überregionalen Part ebenfalls über den Fall und spricht im Titel von einer großen Mehrheit, die Sarrazin unterstützt. Auch sie hält die Umfrage im Auftrag der BLÖD am Sonntag für repräsentativ - bei ihr haben aber nur noch 501 Personen an der Umfrage teil genommen.
Ja, ja, Fehler zu machen oder subjektiv zu berichten ist kein Privileg der großen Zeitungen...

Edit Nr.2 am 14.: Tagesschau-online rudert zurück und berichtet erstmals, nachdem Sarrazin die Ressorts zusammen gestrichen wurden, er hätte seine Aussage speziell für Berliner Türken und Araber formuliert. Besser wird es dadurch allerdings nicht.
Ein Misantroph sollte nicht in einer Position arbeiten, in der er Menschen schaden kann.

Dienstag, 6. Oktober 2009

5555

Nein, ich bin nicht der Zahlenmagie der Kabbala verfallen. Nein, ich versuche auch nicht, die Bit-Technologie zu revolutionieren und mit einem Fünfer-Einzelbit zu kommunizieren.
Dieser Titel hat eine viel schlichtere, dafür aber auch tiefsinnigere Bedeutung:
Als ich mich heute Mittag auf Fanfiktion.de eingeloggt habe, sprang es mir geradezu entgegen:
Richtig, 5555!
Fünftausendfünfhundertfünfundfünfzig Mal wurden meine Geschichten bereits aufgerufen, Tendenz weiterhin steigend. Ich bin, wenn das so weiter geht, nur noch ein, zwei Wochen von der sechstausend entfernt, und vor Jahresende vielleicht schon im Fünfer-Zahlenbereich angelangt.
Leider kann man nur als Autor selbst seine Aufrufe einsehen. Ich habe also immer noch keine Ahnung, wie sehr ich ankomme (vor allem weil die User auf Fanfiktion.de immer noch mit Kommentaren geizen), aber für mich werte ich das Experiment FF.de als großen Erfolg. ^^V

Sonntag, 4. Oktober 2009

Wester macht ne Welle

Sachen gibt´s auf der Welt. Und ungewöhnliche Orte, an denen man sie finden kann.
Auf Gmx.de/Web.de habe ich gestern Abend folgendes entdeckt: Guido Westerwelle hat tatsächlich einen BBC-Reporter, der kein deutsch sprechen kann - oder es zumindest vorgab - angewiesen, ihm auf englisch ein paar Fragen zu beantworten. Er erteilte sogar dem Kompromiss eine Absage, den Reporter englisch fragen zu lassen und auf deutsch zu antworten.
...Sacken lassen.
Ganz, ganz ehrlich: Normalerweise würde ich einem Politiker applaudieren, der der meistgesprochenen Sprache Europas zu mehr Geltung verhelfen würde. Ja, deutsch IST die meist gesprochene Sprache Europas, trotzdem hat es bis zu Gerhard Schröder gedauert, bis offizielle EU-Dokumente auch in Deutsch aufgeführt wurden (danke, Helmut K., für Deinen vorauseilenden Gehorsam).
In diesem speziellen Fall aber bleibt ein bitterer, sehr bitterer Nachgeschmack. Abgesehen davon, das es eine Frage der Höflichkeit gewesen wäre, zumindest die Frage des Reporters auf englisch anzunehmen und zumindest auf deutsch zu antworten: Guido "Spaßpartei" Westerwelle hat Angst vor englisch.

Lieber Herr Westerwelle. Schön, dass Sie in Deutschland drauf bestanden haben, auch deutsch gestellte Fragen zu beantworten. Aber haben Sie im Umkehrschluss daran gedacht, dass das im Ausland ebenso sein kann? Und dass das Ausland dies jetzt von Ihnen erwartet?
Was, also, tun Sie in Frankreich? Was in China? Und noch schlimmer, was im United Kingdom oder gar den U.S.A.?

Herr Westerwelle will Außenminister werden. Schön und gut. Da kann man sich ja durchaus mit einem Dolmetscher behelfen, wenn man die Chuzpe hat zuzugeben, dass man eben nicht so gut englisch spricht... Das weitaus größere Problem sehe ich hier in seiner Höflichkeit. Die war in diesem Fall nichtexistent. Und Deutschland als Export-Land braucht einen höflichen Vertreter in seiner Außenpolitik. Das ist Herr Westerwelle augenscheinlich nicht.
Also, ICH habe ihn NICHT gewählt.