Seiten

Donnerstag, 16. April 2009

Zurück in die Achtziger

Heute geht es leider nicht ums schreiben. Leider. Es geht allerdings auch nicht um Evolutionsgegner, Kreationisten oder religiösen Fanatismus.
Heute widmen wir uns einem vollkommen anderen Thema. Nämlich einer Zeitreise an den Anfang der achtziger Jahre. Eine Rückkehr in die Tage, über die man von einem bestimmten Thema noch so gut wie gar nichts wusste und das deshalb mit Weltuntergangsstimmung erfolgte: Die Immunschwächekrankheit AIDS.

AIDS, wir erinnern uns alle, wird bei Geschlechtsverkehr und/oder Blutkontakt übertragen. Ungeschützter Sex ist also irgendwie eine Art russisches Roulette, vor allem wenn man oft wechselnde Partner hat.
Damals, in den frühen Achtzigern, als der AIDS-Virus nach Europa schwappte - oder vielmehr als man ihn hierzulande endlich zur Kenntnis nahm - wusste man nicht sehr viel über ihn. Wird er beim küssen übertragen? Kann eine Jungfrau angesteckt werden? Was ist wenn man eine Tasse verwechselt? Muss ich das Essgeschirr eines AIDS-Kranken nach dem Essen vernichten? Was passiert wenn er mich anatmet?
Heutzutage schlägt man sich bei solchen Fragen und Gedanken an den Kopf. Natürlich sind die damaligen Gedanken auch ein wenig der Endzeitstimmung und der Panik geschuldet, die von manchen Medien verbreitet wurde, unter ihnen auch die so heiß geliebte Zeitung mit den vier großen Buchstaben, die nicht gerade ein Ruhmesblatt der Aufklärung war.
Stattdessen berichtete sie lieber von endlosen Sexparties New Yorker Risikogruppen, die taten als gäbe es kein Morgen mehr.
Risikogruppen sind natürlich auch ein großes Stichwort. Sie bezeichnen Personen, bei denen eine Ansteckungsgefahr höher ist als bei anderen. Sicherheit bietet dieser Begriff sicherlich nicht.
Aber das war damals in den Achtzigern, fast dreißig Jahre tief in der Vergangenheit. Heutzutage sind wir aufgeklärt. Heutzutage haben wir dreißig Jahre intensivster Information hinter uns, um aus der Massenkrankheit nicht eine wirkliche Epidemie werden zu lassen.
Wir wissen, dass die Pille überhaupt keinen Schutz gegen Ansteckung bietet, Kondome hingegen schon. Wir wissen, dass man nicht an AIDS stirbt, sondern an anderen Krankheiten, nachdem AIDS das Immunsystem immens geschwächt hat.
Und wir wissen, dass wir AIDS überall begegnen können. Nicht unbedingt müssen, aber können. Also ist es im ureigensten Interesse jedes einzelnen Menschen, verantwortungsbewusst mit seiner Sexualität umzugehen und sich gegebenenfalls zu schützen.
Meine persönliche Meinung ist natürlich, Kondome zu benutzen und/oder Sex in einer festen Beziehung zu haben. Denn wer auf ungeschützten Sex besteht und sich lediglich auf die Pille der Partnerin oder ihre anderweitigen Verhütungsmethoden verlässt (ja, hier spreche ich ausschließlich die Männer an) riskiert gerade bei Sexualpartnern, die er nicht oder kaum kennt, eine Infektion. Da sind wir wieder beim russischen Roulette.
Wer also dieses Risiko eingehen möchte, egal wer sein Partner ist, bitte. MEIN Ding wäre es nicht.

Mit einem Bein in den Achtzigern schauen wir trotzdem mal auf das aktuelle Geschehen. Da wurde diese Woche doch tatsächlich eine junge Frau verhaftet, die laut Zeitung HIV-infiziert sein soll (wo die es her hat? Keine Ahnung) und die beim ungeschützten Sex mit drei verschiedenen Partnern mindestens einen angesteckt haben soll.
Natürlich kenne ich die Umstände dieses Geschehens nicht, und da man selbst ein verantwortungsvoller Mensch ist muss man sich an den Kopf fassen und der jungen Frau sagen, dass sie fahrlässig gehandelt hat, wenn sie von ihrer Infektion wusste. Andererseits kann man ihr keinen Vorwurf machen, wenn sie es nicht wusste.
Ich weiß auch nicht, ob und wie lange sie mit diesen drei Männern in einer Beziehung gelebt hat, oder ob sie unter dem berühmten Begriff One Night Stand zusammengefasst gehören.
Aber ich weiß, dass die junge Frau als Sängerin der Girls-Truppe No Angels berühmt ist, und das sich dementsprechend viele Medien auf diese Geschichte gestürzt haben. Vor allem kann man ganz klar den Trend sehen, dass gerade Zeitungen wie die mit den vier großen Buchstaben eine Vorverurteilung vornehmen, sie als gefährlich einordnen und Staatsanwälte mit solchen Aussagen zitieren: "Sie ist in Untersuchungshaft, weil ein hohes Risiko besteht, dass es wieder passiert."
Willkommen zurück in den Achtzigern. Willkommen bei Pappteller, weggeschüttetem Kaffee, sobald er vertauscht wurde und Atemschutz gegen die bösartige Krankheit. Was wird ihr vorgeworfen? Dass sie Männer zum ungeschützten Sex zwingt?
Natürlich gilt meine Sympathie in erster Linie ihren Partnern, von denen laut Zeitung einer infiziert wurde und nun selbst Träger der Immunschwäche ist.
Aber angenommen, er und die No Angels-Sängerin waren füreinander wirklich ein One Night Stand und lebten nicht in einer längeren, vielleicht monogamen Beziehung zusammen. Nur mal angenommen. Was dann?
Dann frage ich, mit all dem Inbrunst von dreißig Jahren Aufklärung über AIDS: Junge, warum hast Du kein Gummi genommen? Ist Dir ungeschützter Sex wichtiger als Deine Gesundheit?

Unser aller Fazit soll natürlich nicht sein, dass wir alle jetzt auf Sex verzichten sollen. Nicht einmal, dass man nur noch in monogamen Beziehungen leben sollte. Ja, es ist nicht einmal so, dass man ein eins zu eins-Risiko hat, sich einen infizierten Sexualpartner auszusuchen. Das ist wesentlich kleiner, und selbst dann muss eine Infektion nicht unbedingt erfolgen.
Kehren wir also aus den Achtzigern zurück und schauen wir uns die Gegenwart an. Gute Leute haben versucht, es uns seit dreißig Jahren zu erklären: Sei nicht dumm. Nimm ein Kondom.

Keine Kommentare: