Es ist ein offenes Geheimnis. Ich sage es jedem, der mich fragt oder der mir nicht schnell genug entkommen kann: Ich hasse Kreationisten. Das hat vielerlei Gründe. Uneinsichtigkeit, sich die Welt solange zurecht biegen wie sie diese brauchen, und offene Lügen sind nur ein paar meiner Gründe. Nun bezweifle ich nicht, dass auch Kreationisten tolle Menschen sein können. Aber ihr Bibel-Chauvinismus disqualifiziert sie für mich in jeder Form ideologischer oder religiöser Debatte. Wer so lange A ruft, bis außer A nichts mehr zu hören ist, obwohl B eindeutig richtig ist, bekommt bei mir kein Verständnis.
Ich hatte ab und an mit Kreationisten zu tun, vor allem im Internet. Ich erinnere mich noch gut an die junge Frau in einem Unterforum auf Animexx, die es tatsächlich geschafft hat mir einzureden, dass das Ursuppen-Experiment noch nie erfolgreich durchgeführt worden sei, d.h. im Versuchsaufbau tatsächlich aus Wasser, Elektrizität und toter Materie urprimitivstes Leben erschaffen worden ist. Nur um dann Jahre später zu lesen, dass das (erfolgreiche) Ursuppen-Experiment zum ersten Semester von Physik- und Chemie-Studenten gehört.
Oder die Art und Weise, in der sie längst widerlegte Ideen aufwärmen und brandneu verkaufen. Verkaufen können, weil SIE nur behaupten müssen, während die Wissenschaft widerlegen muss. Wieder und wieder und wieder. Ich denke da nur an das unsägliche Beispiel mit dem Augen, das schon um Neunzehnhundert ad absurdum geführt wurde. Und wieder, und wieder, und wieder, und immer noch als Argument pro Kreationismus gebracht wird.
Oder die penetrante Art, mit der Kreationisten frech behaupten, der Grand Canyon sei durch die Sintflut entstanden...
Gestern bin ich zufällig auf MMs Seiten auf einen Videolink nach Youtube gestoßen, das sich mit dem Thema Evolution, Kreationismus und Intelligentes Design beschäftigt. Verfasst wurden die Videos von einem Universitätsprofessor für Biologie; da sich die Fakten mit meinem Wissen decken, habe ich keine Probleme, sie auch ohne weitere Prüfung als authentisch zu bezeichnen. Ich kann jedem nur raten, da mal rein zu schauen, weil die insgesamt vier Videos einiges an Rüstzeug mitbringen - für den Fall, dass man mal wieder auf Kreationisten trifft.
Leider hat dieses Erlebnis für mich zu einer äußerst bitteren Erkenntnis geführt. das kreationistische Gift ist schleichend, langwierig und verschlagen, oh ja. Denn ich selbst rede seit Jahren auch von der EvolutionsTHEORIE.
Die Forschungsdisziplin von Professor Dr. Kutschera nennt sich aber EvolutionsBIOLOGIE. Ich weiß, es klingt wie Erbsenzählerei, aber dadurch, das ich den Kreationisten gefolgt bin und ebenfalls von der Evolutionstheorie gedacht und gesprochen habe, gab ich ihnen ein Werkzeug gegen mich und die Tatsache der Evolution in die Hand. Wieder. Und wieder. Und wieder. Denn die Evolutionsbiologie als Evolutionstheorie zu bezeichnen ermöglicht es Kreationisten, alleine schon durch dieses Wort die gesamte, bewiesene Wissenschaft der Evolutionsbiologie in Frage zu stellen, nur weil da ein "Theorie" rangehängt wurde. Und ich war willfähriger Helfer.
Darum hasse ich Kreationisten. Und da kann man mal sehen, wie weit ihr Gift aus Falschaussage, offener Lüge, Tatsachenverdrehung und Sturheit schon verbreitet wurde.
Also, meine lieben Leser, es hieß zu Darwins Zeiten noch Evolutionstheorie, weil Darwin viele Beweise für seine Worte hatte, aber die gesamte Theorie noch nicht durchgängig schlüssig bewiesen war. Das wurde im Zwanzigsten Jahrhundert vollkommen anders, als die Theorie zur Wissenschaft wurde, weil festgestellt wurde, dass Evolution stattfand und auch jetzt gerade stattfindet.
Für uns wackere Verfechter der exakten Wissenschaft muss es also in Zukunft heißen, EvolutionsBIOLOGIE zu sagen, nicht Evolutionstheorie.
So, das war mir ein Anliegen. Ich gehe mich derweil noch ein wenig ärgern, über Kreationisten.
Länger arbeiten? [Gesundheits-Check]
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Nebenan gibt es einen neuen Beitrag zur Rentenpolitik. Kommentare auch
gerne nebenan.
vor 5 Stunden
4 Kommentare:
Könnte glatt von mir sein, denn mir geht es auch so.
Kleine Korrektur: beim Ursuppen-Experiment entstehen "nur" Aminosäuren, dürfte also Kreationisten, wenn sie denn Ahnung hätten, nicht groß beunruhigen. Ich habe das klassische Miller-Experiment zwar tatsächlich im Chemie-Studium ausgeführt, aber nicht schon im ersten Semester. Gehört zur Biochemie, also schon etwas fortgeschritten. Bei Bio-Studies ist das ähnlich.
Kleine Korrektur 2: Auch die Gravitationstheorie ist eine Theorie - aber selbst ein extremer Fundi-Christ würde nicht an der Tatsache Schwerkraft zweifeln.
Evolutionstheorie ist genau so richtig, wie z. B. Relativitätstheorie - eine durch Beobachtung und Experiment sehr gut erhärtete Theorie. Wie die Evolutionstheorie.
Danke für das Lob. Und danke, dass Du ein paar Argumentationslücken aufgedeckt hast.
Das mit den Aminosäuren wusste ich. Einfachste Bausteine des Lebens, und so. Da habe ich allerdings nicht mehr dran gedacht. ^^°
Auch war mir nicht bewusst, dass das Experiment nur in der Biochemie in höheren Semestern durchgeführt wird.
Aber alleine die Tatsache, dass alle Biochemiestudenten dieses Experiment erfolgreich abschließen, muss Kreationisten in den Wahnsinn treiben.
Was die Evolutionstheorie angeht, so spreche ich in Zukunft nur noch von der Theorie, wenn es im Zusammenhang um Darwin geht. Auch wenn es wissenschaftlich korrekt sein mag, EvolutionsBIOLOGIE zieht doch viel mehr und entzieht glaubensfundamentalistischen Kritikern eine Menge Boden unter den Füßen weg. Ich für meinen Teil bleibe also bei Evolutionsbiologie, MM.
Vor allem, da der Lehrfilm, auf den Du verlinkt hast, die Theorie als bewiesen bezeichnet - und sie in diesem Moment stattfindet. Da kann man nicht deutlich genug sein, finde ich.
Die Gravitationstheorie ist wohl deshalb noch Theorie - wie einige andere Theorien, auf denen die moderne Physik basiert - weil sie in Teilen bewiesen, aber noch nicht umfassend auf einen Punkt zurückgeführt wurde. Aber das ist vernachlässigbar für einen Wissenschaftler, und, das sagst Du ganz richtig, welcher radikale Gläubige hätte etwas davon, Schwerkraft abzulehnen?
Aber das sind nur kleinliche Haarspaltereien, da wir zwei uns ja einig sind, dass die Leugnung der Evolutionsbiologie mit Dummheit nicht mehr erklärt werden kann. Und zudem eine Gefahr für die Wissenschaft und damit für unsere Zivilisation darstellt, wenn wir Kreationisten das Feld überlassen, um die Leute zu verdummen. ^^°°°
Was sie bereits mit Freude tun.
Siehe das Beispiel Homöopathie. Als nicht funktionierend erwiesen, und noch immer werden Medikamente als homöopathisch gelabelt. Das ist doch ein wenig peinlich.
Ein Freund von mir schwört auf ein homöopathisches Medikament für die Zahnschmerzen seines Babys... Ich habe ganz vergessen ihm zu sagen, dass das Medikament IHM Zahnschmerzen verursachen muss, wenn er es bei sich aufträgt. Erst dann ist es homöopathisch. Wenn nicht, ist es nur ein guter Entzündungshemmer, der falsch gelabelt ist...
Tja, die Verdummer sind wie immer überall. Und fleißig.
...So wie ich. XD
Ich stimme deinem Kommentar inhaltlich im Wesentlichen zu.
Dennoch sollte man gerade bei einer auf Logik basierenden Argumentationslinie exakt formulieren: Im strengen Sinn der Wissenschaftstheorie (wissenschaftliche Erkenntnisfindung mit der Wissenschaft selbst als Gegenstand) kann keine wissenschaftliche Theorie - und damit keine Erkenntnis - "bewiesen" werden; jedenfalls wenn man unter diesem Wort versteht, etwas waere zu 100% sicher.
Eine Theorie ist generell nur falsifizierbar, dass heisst sie kann nur durch Daten fuer ungueltig erklaert werden. Je mehr Daten die Theorie >nicht widerlegen<, als desto zuverlaessiger gilt die Theorie. Mit anderen Worten: Ein Wissenschaftler huetet sich davor, zu verkuenden, dieses oder jenes sei der Weisheit letzter Schluss.
In anerkannten Veroeffentlichungen heisst es daher immer in etwa betreffs etablierter Theorien: "There is overwhelming evidence for [...]" also "Es gibt ueberwaeltigende Hinweise/Indizien auf/fuer [...]"
Was man wohl mit Fug und Recht behaupten kann, ist, dass eine wissenschaftliche Theorie (zumal eine solche per definitionem angesichts exzellenter Datenlage ueber den Status einer Hypothese hinaus ist) die beste Annaeherung an eine postulierte objektive Wahrheit darstellt, die zur Zeit verfuegbar ist. (Meines Wissens nach musste noch nie eine Theorie im engeren Sinn fallen gelassen werden, wohl allerdings ihr Gueltigkeitsbereich eingeschraenkt (z.B. die Newtonsche Theorie der Mechanik))
Zitat: "Ich hasse Wissenschaftler. Kaum kriegen sie neue Informationen, ändern sie ihre Meinung."
Danke für Deinen Kommentar, Wizzy.
Natürlich hast Du Recht, die Wissenschaft lässt immer Spielraum für neue Erkenntnisse, weil wir ständig dazu lernen. Damit ist Wissenschaft ein weit toleranteres System, als es konservative Religion ist.
Allerdings unterliegst Du einem Fehler, wenn Du Dich auf Teilbereiche einer erwiesenen Forschung stürzt. In der Evolutionsbiologie z.B. gibt es Themen, die noch erhärtet, bzw. widerlegt werden müssen. Aber deshalb käme kein Wissenschaftler auf die Idee, dieses Vorgehen als nicht logisch oder unpräzise darzustellen.
Im Gegenteil, es ist dieses Fachwissen, z.B. über die Newtonschen Gesetze, die sich Kreationisten zu eigen machen, um anhand dieser Information die ganze Theorie oder gar Wissenschaft zu Fall bringen zu wollen.
Ich möchte, was ich meine, anhand eines Beispiels erläutern, das ich bei Terry Pratchett gelesen habe, und zwar in "Darwin und die Götter der Scheibenwelt":
Ein Südstaatenradiosender führt eine Diskussionsrunde für und wider Evolutionstheorie (ja, ich weiß, wollte ich nicht mehr schreiben. Dieses eine Mal noch.).
Einer der Contra-Anrufer sagte: "Wenn dieser Darwin so was Weltbewegendes entdeckt hat, warum hat er dann nicht den Nobelpreis bekommen?"
Nun, was haben wir hier? Darwin hat den Nobelpreis nicht bekommen, das steht außer Frage. Und damit ist das kreationistische Argument fertig gestellt und bereit für den Kampf.
Dass der Nobelpreis, speziell der für Biologie, erst etliche Jahrzehnte später eingeführt wurde, interessiert unseren Anrufer nicht. Darauf hingewiesen wird er sicherlich so etwas sagen wie: "Hoch schätzen die in Oslo die Evolutionstheorie trotzdem nicht. Sie hätten sie ihm ja posthum verleihen können."
Dass die Evolutionsbiologie damals schon den Sprung zur Wissenschaft geschafft hatte, und dass es zeitgemäßere Preisträger für den Nobelpreis gab, ist auch kein Argument für unseren Anrufer.
Fazit: Generell hast Du natürlich Recht. Wissenschaftlich gesehen eine stichhaltige Beweisführung. Und es ist auch prinzipiell eine wissenschaftliche Haltung, der rein logisch nicht widersprochen werden kann, gerade weil die Menschheit noch gar nicht ALLES weiß und für Neues immer offen sein muss.
Aber ich wette mit Dir, da draußen gibt es einen kreationistischen Idioten, der dennoch genau diese Argumente verwenden wird, um die Wissenschaft an sich in Frage zu stellen. Das ist das Traurige daran. ^^°°°
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