Als ich heute meine Tageszeitung in Händen hielt, habe ich nicht schlecht gestaunt. Der Header liest sich wie folgt: Zentralrat der Juden in Deutschland legt Christian Wulff den Rücktritt nahe.
Ein Blick in die Geschichte selbst hat mich dann schnell über Details aufgeklärt. Demnach hat der niedersächsische Landesvater in einer Talkshow gewagt, die Managerdebatte mit Pogromstimmung zu vergleichen.
Grund genug für den Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, seinen Rücktritt zu fordern. Er sieht es als Ungeheuerlichkeit an, wenige Tage vor dem siebzigsten Jahrestag der Reichspogromnacht, dem offiziellen Startschuss der verschärften Judenverfolgung im Dritten Reich, eben diese mit der Managerdebatte zu vergleichen.
Die Entschuldigung von Herrn Wulff nimmt Herr Kramer übrigens nicht an.
Nun, vorweg vielleicht ein kleiner Link zum Thema Pogrome, bevor ich weiter schreibe. Seine Meinung kann sich dann jeder selbst nach der Lektüre dieses kleinen Wikipedia-Artikels bilden, ob und wie sehr Herr Kramer den Begriff Pogrom monopolisiert und wie berechtigt dies ist.
Hier der Link: http://de.wikipedia.org/wiki/Pogrom
Meine persönliche Meinung zum Thema ist, dass Herr Wulff, so sehr ich ihn als Politiker und Landesvater auch ablehne, nun keinesfalls zum Rücktritt gezwungen ist, weil er diesen Begriff verwendet hat, um die Diskussion über Millionengehälter laut Herrn Kramer in die Nähe des millionenfachen Judenmords zu rücken. Andererseits wäre sein Rücktritt schon eine für mich erfreuliche Entwicklung.
Aber kommen wir zum eigentlichen Streitpunkt, den Herr Kramer nicht erfasst hat. Im Prinzip sprach der niedersächsische Landesvater von einer Pogromstimmung gegen Top-Manager. Wie wir alle wissen, die wir den Wiki-Artikel gelesen haben, ist ein Pogrom ein russisches Wort für Massenausschreitung gegen eine andere Gruppe aus ethnischen, politischen oder religiösen Motiven. Darin liegt die eigentliche Frechheit seiner Aussage. Dass Herr Wulff ein Freund der Industrie ist, war wohl allen klar, die ihn die letzten Jahre im Amt erlebt haben. Dass er aber derart in die Bresche springt, und für die armen, missverstandenen Manager eine derart große Lanze bricht, ist schlicht und einfach unglaublich.
Herr Wulff, wer vierzig Millionen Euro Steuern im Jahr bezahlt, soll besser behandelt werden?
Vierzig Millionen Steuern? DAS Gehalt hätte ich auch gerne. Aber wie sieht das in der Realität aus, in einer Zeit, in der hochprominente Manager des Geldtransfers in Steueroasen überführt werden, in denen z.B. geschlossene Immobilienfonds und diverse weitere Abschreibungsmöglichkeiten wie der neue Dienstmercedes dabei helfen, das lästige Steuern zahlen zu umgehen, um nur einmal die Möglichkeiten der Einzelpersonen aufzuzeigen?
Wenn Manager in Deutschland einen schlechten Ruf haben, dann liegt das wohl daran, dass die Stimmung sie betreffend immer schlechter wird. Wenn das radikale Allheilmittel deutscher Wirtschaftsbosse nun mal der Arbeitsplatzabbau ist, wenn sie selbst nach hohen Verlusten und vernichteten Firmen Millionenschwere Abfindungen erhalten, während der Arbeiter auf der Straße steht, dann muss man sich nicht wundern, wenn "ein paar schwarze Schafe" eine ganze Berufssparte in ein schlechtes Licht rückt.
Und dann nützt auch ein Herr Wulff nichts, der mal eben in den Dammbruch springt und Deutschland zu tadeln versucht, als wäre er der Oberlehrer und müsse seinen Schülern beibringen, nicht so gemein zu den armen Managern zu sein. In wie vielen Aufsichtsräten sitzt Christian Wulff gleich noch mal?
Feuertaufe
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