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Montag, 27. Februar 2012

Was ist schlimmer - ACTA oder Friedrich?

Ich weiß, ich sollte es lassen, Zeitung zu lesen, wenn ich Internet habe. Andererseits gibt die Tageszeitung doch einen recht schönen Überblick über lokale, regionale, nationale und globale Themen. Wenngleich meine LDZ nicht gerade mit der Hildesheimer Zeitung oder der Hannoverschen mithalten kann.
Nur manchmal glaube ich, die BILD in Händen zu haben, wenn ich die Leine Deister Zeitung lese. Kein Vorwurf an die Redaktion in Gronau/Leine; der Part, der mich aufregt, wird in der Zentrale in Kassel fabriziert.

Für Nummer eins kann die Zeitung selbst nichts. Da wird über unseren Innenminister berichtet, Hans-Peter Friedrich (CSU). Er wird zitiert, dass Griechenland doch bitte aus dem Euro austreten möge, weil es alleine bessere Überlebenschancen hätte...
Autsch. Autschautschautschautsch. Der Mann ist unser Innenminister. Gut so. Als Finanzminister würde ich ihm nicht weiter trauen als ich den Euro-Rettungsschirm werfen könnte.
Warum legt Friedrich den Griechen nahe, aus dem Euro-Verbund auszutreten? Weil wir sie nicht rausschmeißen können. Und das ist auch gut so.
Einmal weggelassen, dass sich die EU-Kommission hat täuschen lassen, dass die Banken Griechenland hoffnungslos übervorteilt haben, nicht hingesehen, dass die Rentner und die einfachen Arbeiter nun die Zeche bezahlen, die Korruption, Steuerhinterziehung und der aufgeblasene Beamtenapparat ihnen beschert haben... Wir sind ein großes Gesamtvolk in Europa mit der Kauf-und Schaffenskraft von einer knappen halben Milliarde Menschen. Wir sind ein großer, industrialisierter, weltweit exportierender Währungsraum, der mit dem Euro die ganze Kraft bündelt. Wir sind auf dem besten Wege, mit dem Euro Weltwährung zu werden und die Dominanz der USA und des Dollars aufzubrechen. Das geht alles flöten, wenn wir es nicht zustande bringen, achtzehn Millionen Griechen zu retten - die sich übrigens gerade totsparen, weil die Sparauflagen der Geber Griechenland dazu zwingen sollen, auszutreten.
Das ist übrigens nicht nett von Mama Merkel und den anderen Geldgebern.
Unsere internen Dilemma wie sinkende Löhne, schrumpfende Kaufkraft und Hartz IV (Lohndumping, Lohnzuzahlungen durch den Staat, Zeitarbeit und ähnliche Schweinereien eingerechnet) betrifft das nicht. Und diese Probleme kriegen wir nur in den Griff, wenn es einen Politikwechsel gibt - weg vom sich selbst regulierenden Markt, den der Steuerzahler erst neulich RETTEN musste, hin zurück zur Sozialen Marktwirtschaft, in der man in einem Unternehmen lernt und sein Leben lang dort bleiben kann. Wir sind keine Amis. Hire&Fire ist für uns keine Lösung. Wer hier gefeuert wird, findet eben nicht sofort eine Anstellung, aber das nur am Rande.
Was bleibt zu sagen? Herr Minister Friedrich, das war eine schwache Aussage und eine dumme obendrein.

Jetzt kommt der Teoi der mich aufregt an der LDZ. ACTA. Seit einiger Zeit hat die Zeitung auf Seite drei einen Themenkomplex. Auf einer ganzen Zeitungsseite wird in mehreren Artikeln über ein Schwerpunktthema informiert. Heute ging es um ACTA, und ich war sehr, sehr enttäuscht. Zwar gibt sich die Zeitung vorgeblich freundlich gegenüber den ACTA-Gegnern, kommt aber dem Recherche-Auftrag, den sie hat, nicht nach. Außerdem wird sie hintenrum beleidigend gegenüber ACTA-Gegnern und hofiert die Befürworter.
Das ganze Dilemma der Zeitung mit meinen Antworten:

1) ACTA würde die Urheberrechte der Künstler schützen.

Falsch. ACTA schützt die Künstler nicht, sondern die Urheberrechtseigentümer. Also die Musik-, Verlags-, und Film-Industrie. Künstler kriegen auch weiterhin nur das, was sie beim Verramschen ihrer Rechte bekommen.

2) Ohne ACTA gibt es keine neuen Produkte.

Hier habe ich kein echtes Gegenargument, weil ich es belegen müsste. Ich sage einfach nur mal so, dass es die Unterhaltungsindustrie immer noch gibt, obwohl sie jedes Jahr "Milliardenverluste" durch Raubkopien hinnehmen muss - und das schon seit über zwanzig Jahren.
Überhaupt suggeriert diese Argumentation, dass dieses Geld aus der "Kasse" genommen wurde. Falsch. Es wurde aber auch nicht eingezahlt, oder würde den Konzernen zukommen, wenn es keine Raubkopien gäbe. Wieso können DVD's nicht so billig sein, dass sich Normalsterbliche und Schüler locker zwanzig im Monat kaufen können?
Und warum eigentlich ein neues Gesetz? Reicht es denn nicht, dass beim Verkauf von Brennern und DVD-Rohlingen GEMA anfällt? Ist die Geschichte damit nicht wunderbar geregelt? Nein. Die Industrie ist nie zufrieden.

3) Die Protestanten befürchten, wegen Download aus dem Internet Horrorstrafen zahlen zu müssen.

Nein, liebe LDZ, das befürchten sie nicht, das IST SO. Der Abmahnwahnsinn trifft mittlerweile sogar Unschuldige, die dann beweisen müssen, dass sie unschuldig sind - entgegen der Ansprüche des Rechtsstaats. Ein paar tausend Euro Strafe sind keine Seltenheit und mehr als eine Frechheit. Gigantische Abzocke.
Die ACTA-Gegner befürchten nicht, wegen ACTA leichter gefunden und für ihr illegales Treiben bestraft zu werden. Sie befürchten, dass das schwammige ACTA-Gesetz dazu führt, dass ohne richterliche Anordnung, nur auf Verdacht der Unterhaltungsindustrie ganze Websites gesperrt werden, was nicht nur m.E. nach Willkür durch eine kleine Industrie darstellt.
Übrigens eine Schweinerei, jedem ACTA-Gegner zu unterstellen, nicht für seine Musik und Filme zu zahlen. Bei ACTA geht es um eine Kriminalisierung der Internet-Nutzer. Und um Willkür. Nächstes Mal besser recherchieren, bitte.

4) Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien wird zitiert, dass ACTA diesmal den Urhebern zugute kommt.

Falsch. Wie ich oben schon schrieb, kommt ACTA den Rechteinhabern zugute, nicht den Urhebern. Der VPRT unterstützt also nicht die Künstler und Journalisten, er unterstützt die Industrie. Autsch.

5) Befürworter wie Gegner betonen, wie relativ der ACTA-Text gehalten ist.

Ist ja auch das Hauptproblem an dem Gesetz, das still und heimlich im Fischerei-, und Landwirtschaftsausschuss der EU mitbeschlossen wurde, wo es natürlich nichts zu suchen hatte.
Schwammige Gesetzestexte, die viel Interpretationsspielraum lassen, werden garantiert nicht an der harmlosen Seite interpretiert, sondern an der Seite, an der es um Geld geht. Bei einer Auslegungsskala von eins bis zehn wird die Industrie also immer mit zwölf interpretieren.

Alles in allem zusammengefasst geht es nicht darum, das China seine Kopier-Industrie in Zukunft besser im Griff hat, damit es weniger gefälschte Gucci-Taschen auf türkischen Basaren zu kaufen gibt. Es geht einfach darum, das Internet zu trollen, und das von einer Industrie, die gefühlt jedes Jahr irgendeine rechtliche Verschärfung zu ihrem Nutzen durchsetzen will. Das Internet würde auf diese Weise ganz legal zensiert werden. Und der Hammer obendrauf: Die Internetprovider sollen in Zukunft für die Taten ihrer Nutzer haftbar sein. Das ist in etwa so, als würde ich ein Restaurant betreiben, und die Polizei würde in meinem Laden einen Zugriff auf einen Terroristen durchführen - und anschließend säße ich mit auf der Anklagebank wegen Unterstützung von Terrorismus. Das kann es doch nicht sein.

Was sagt uns das? ACTA=Mist, und Friedrich zurück nach Bayern.

2 Kommentare:

Stinkstiefel hat gesagt…

Du liest eine komische Zeitung!Stinkstiefel

Ace Kaiser hat gesagt…

Manchmal könnte ich das unterschreiben...