Es kommt vor, aber nicht allzu häufig, das ich tatsächlich mal im Fernsehen eine Talkshow sehe.
Gestern platzte ich eher zufällig in die Talkshow von Markus Lanz, und das mitten in eine ungekennzeichnete Werbesendung für den neuartigen Nacktscanner. In diesem speziellen Fall die Version, die keine Silhouetten abbildet. Befürworter und Gegner waren versammelt, ein Technik-Experte der Nacktscanner-Firma aus dem Ausland eingeflogen, und zwei riesige Blöcke aufgestellt, zwischen denen das Nacktscannen funktionieren sollte.
War die Stimmung anfangs noch sehr pro Scanner eingestellt, und deshalb durften (den Namen habe ich gerade im Internet recherchiert, weil ich mir keine Notizen gemacht habe) Herr Bosbach vom Innenausschuss des Bundestages sowie der englischsprachige Spezialist ungehindert ihre Technologie und ihren schnellen Einsatz anpreisen, vor allem weil das Hauptmanko, nämlich der Silhouttenscan, abgeschaltet und die Technologie damit nicht mehr voyeuristisch ist.
Bullshit! Für mich ist das Hauptthema nur am Rande die exhibitionistische Komponente. Ich fand, wie Ihr, meine lieben Leser, in meinem Blog nachlesen könnt, die Funktion des Scanners wesentlich wichtiger - und stellte seine Nützlichkeit in Frage.
Nun, wie gesagt, bis zu diesem Punkt war es eine Werbesendung für den Nacktscanner, und alles schien gut gelaufen zu sein. Aber leider hatten die Befürworter die Rechnung ohne zwei Personen gemacht. Der eine war Markus Lanz selbst, aber dazu später mehr. Der andere war der Gegner der Nacktscanner-Technologie, Professor Werner Gruber.
Professor Gruber ist für seine "Tipps an Terroristen" bekannt. So würde es aber nur ein Idiot formulieren. Er selbst versucht durch seine Hinweise auf Sprengladungen aus Haushaltschemikalien eher zu vermitteln das nichts wirklich einhundert Prozent sicher sein KANN, solange die wichtigste Grundvoraussetzung in der Welt nicht abgeschafft wurde, nämlich der Nährboden für Terrorismus durch Unterdrückung, Diskriminierung und Übervorteilung. Bis das der Fall sein wird, kann man für ein paar Cent auch Bomben basteln. Falls man die richtige Mischung kennt.
Im übrigen stimme ich hier als altgedienter Perry Rhodan-Leser mit dem Professor überein. Allgemeiner, weltweiter Wohlstand, freie Bildung und ein Ende der Diskriminierung und Unterdrückung von Ressourcenstaaten in Afrika und im Nahen Osten birgt einzig die Chance, Terror zu beenden. Religionsfreiheit und Religionstoleranz nicht zu vergessen.
Aber der gute Professor ist nicht nur ein Lebensphilosoph. Er ist auch Physiker, und sein Fachwissen wusste er gut in Szene zu setzen. Er selbst setzte sich dem Nacktscanner aus, mit einem Handy, einem Schweizer Taschenmesser und dem Transponder für sein Mikrophon am Körper.
Der Scanner erfasste den Transponder und das Handy, nicht jedoch das Messer.
Und dies wurde zur großen Stunde des Herrn Professors, als er nach und nach mehrere Behälter mit Haushaltschemikalien aus seiner Jacke hervor zog, die der Scanner NICHT entdeckt hatte.
Dies brachte den Spezialisten in Erklärungsnotstand, und er haspelte sich damit heraus, das Herr Gruber in einem Scanner auf einem Flughafen selbstverständlich sein Jackett ausgezogen hätte. Der Scanner hatte diese Behälter nicht erfassen können, weil sie nicht eng am Körper anlagen. Hallo? Wäre ich Terrorist, wüsste ich jetzt schon mindestens drei Wege, um dieses Manko des Nacktscanners auszunutzen! Weite Hemden sind da nur die kürzeste Idee.
Aber es kam noch besser. Professor Gruber präsentierte seinen Unterschenkel, auf den er mit Hilfe von Klebeband, also direkt auf der Haut (genau die Situation, die der Nacktscanner erkennen soll) ein Glasröhrchen geklebt hatte.
Diesmal blieb dem Spezialisten nur hilfloses Schweigen.
Nun aber schlug die Stunde von Markus Lanz. Der hatte bereits vor der Sendung ein Experiment vorbereiten lassen. Vor dem Studio wartete ein Versuchsaufbau auf Professor Gruber samt seiner Chemikalien, die Diskussionsteilnehmer und Markus Lanz.
Draußen war eine Eisenpfanne auf Steinen aufgebockt. Der Professor legte die Behälter hinein und erklärte, das es sich bei einer konkreten Mischung um Thermit handelte, eine Verbindung, die einmal entzündet, mit bis zu viertausend Grad abbrennen würde und unlöschbar ist. Kein Wunder, denn das Eisenoxyd im Thermit bringt den Reaktionssauerstoff ja schon mit.
Also zündete der Herr Professor die Mischung an, alle Beteiligten hielten weit, weit Abstand, und die Masse begann ellenlange Sekunden zu brennen. Nach einer gefühlten Minute war die Reaktion vorbei, und die Eisenpfanne an mehreren Stellen schlicht durchgebrannt!
Dankenswerterweise hielt Professor Gruber die Zusammensetzung des Thermits geheim.
Damit hat Herr Lanz die Befürworter mächtig auf Grundeis laufen lassen, denn der Scanner hat nicht nur dabei versagt, die Chemikalien zu finden, er hat auch das Glasröhrchen, das den Zünder hätte enthalten können, nicht einmal ansatzweise entdeckt.
Die Technologie taugt nichts. Sie ist nur teuer, aufwändig und vermittelt den Menschen etwa die gleiche Sicherheit wie jene Survival Kits, die in Amerika nach dem elften September verkauft wurden, und aus Atemmaske, Klebeband zum Fenster abdichten und Trockennahrung bestanden hatten: Bestenfalls eine vage.
Hier wird mit viel Geld versucht, noch viel mehr Geld zu verdienen. Aber da ich weiß, dass der nigerianische Terrorist, der durch seinen misslungenen Anschlag die Diskussion erst angeschoben hat, von Schiphol startete, einem niederländischen Flughafen mit bereits fünfzehn Nacktscannern, gehe ich mal nicht davon aus, es hier nicht mit einem Riesenkomplott der Nacktscannerindustrie zu tun zu haben. Obwohl, es wäre dann die gleiche hysterische Handschrift, die wir schon nach 9/11, Vogelgrippe und Schweinegrippe erlebt haben. Ups, ich habe es gesagt.
Als neue Technologie, welche die Sicherheit erhöht, taugt der neue Scanner m.E. also NICHT.
Stattdessen sollten wir uns wirklich, wirklich, wirklich (abgesehen davon, dass Flugzeugattentate immer noch sehr selten sind) mal am Flughafen von Tel Aviv orientieren, dem weltweit größte Sicherheit bescheinigt wird. Doch dann kann die Industrie ja nicht zehntausende schlecht funktionierender Geräte als brandneue und hochwertige Sicherheitstechnologie verkaufen. Pech.
Nachtrag: Das ZDF stellt wie immer die ganze Sendung online. Sehr empfehlenswert zu sehen.
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2 Kommentare:
Thermit ist mal ein geiles Zeug, macht so ziemlich alles weg, selbst wenn du es in flüssigen Stickstoff reinleerst, ist das Zeug noch immer aktiv. Stickstoff verdampft zu schnell als das es Thermit effektiv runterkühlen könnte. Dagegen ist Magma oder Lava ein reinrethorischer Witz XD.
Das Magnesiumoxyd bringt den Reaktionssauerstoff mit. Und es brennt bei viertausend Grad ab. Kein Wunder, dass es für Schnellschweißverfahren und Schweißschneideverfahren genutzt wird. Aber gefährlicher ist Quecksilber, zumindest an Bord eines Flugzeugs. Hast Du Dir die Sendung angesehen, Subtra? Link ist oben.
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