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Donnerstag, 6. November 2014

Ich bin ein GDL-Versteher

Ich weiß gar nicht so genau, wo ich anfangen soll. Die GDL streikt, nicht für sich selbst, sondern für die anderen Bahnbediensteten. Damit sie den gleichen Nutzen haben wie die gewerkschaftlich organisierten Lok-Führer. Eine gute Sache. Finde ich. Die Medien finden das nicht so gut.
Jens Berger vom Spiegelfechter hat neulich erst die Hintergründe des GDL-Streiks aufgeführt und schön erklärt, wie der GDL den Ausverkauf der EVG an die Bahnchefs Schritt für Schritt rückgängig gemacht wurde. Und er hat uns in Erinnerung gerufen, bzw. Unwissenden wie mir gezeigt, dass der EVG-Vorsitzende Norbert Hansen für eben diesen Ausverkauf mit einem lukrativen Vorstandsposten ausgerechnet bei der Bahn belohnt wurde. Kein Wunder, dass die GDL alles daran setzt, die Arbeitsbedingungen auch für die Kollegen zu verbessern. Sie ist immerhin die größte Gewerkschaft der Bahnbeschäftigten. Und hat nicht Frau Ministerin Nahles gesagt: "Die größte Gewerkschaft in einem Unternehmen sollte den Tarif für alle vorgeben."? Tja, Andrea, das wäre dann wohl die GDL.
Dennoch sträuben sich mir die Haare, wenn ich sehen muss, mit was für einem Halali in deutschen Medien auf die GDL und ihren Vorsitzenden Claus Wedelsky Hatz gemacht wird.
Auch hierzu hat sich Jens Berger geäußert. Treffend, wie ich finde. Wo, bitte, ist hier die vierte Säule unserer Demokratie hin? Wo, bitte, ist die Kontrollinstanz, die die Presse so gerne sein will? Im Moment sehe ich hier nur Gratis-Promotion für die Deutsche Bahn an allen Fronten in diesem Tarifstreit.
Ehrlich, Leute, ich bin ein GDL-Versteher, und ich wünsche den Streikenden ein dickes Fell. Zieht das durch, Leute, bleibt hart, gewinnt zurück, was Norbert Hansen ausverkauft hat. Ich als SPD-ler kenne das ja bereits von der Atomstrom-Industrie und diversen leeren Versprechungen beim Umbau des Sozialstaats von Arbeitgeberseite.

Klar, liebe Leute, ist es hart, wenn man den Zug verpasst oder gar nicht erst bekommt, weil er gar nicht fährt. Klar ist es nicht toll, nicht zur Arbeit zu kommen, Meetings zu verpassen und darunter zu leiden, dass eine Gewerkschaft Forderungen durchsetzen will. ...Hm. Für wen eigentlich? In diesem Fall für so ziemlich alle Mitarbeiter der Bahn. Und ehrlich, Leute, ganz ehrlich, angenommen, die IG Metall möchte ihre bescheidenen drei Prozent Lohnerhöhung erstreiken, "um die aufkeimende Konjunktur nicht zu stören", aber das ist den Arbeitgebern wie damals um 2000 zuviel, was meint Ihr, wird passieren? Die Medien werden sich daran erinnern, wie gut das heute mit der GDL geklappt hat, und sie werden wieder einseitig sein und polarisieren. Dann nicht, weil, "einige wenige zu Lasten vieler" streiken, sondern "weil die Grundversorgung in Deutschland gefährdet ist", oder ein anderer, hanebüchener Grund, der die Streikenden diskreditieren und zum Einknicken zwingen soll.
Mehr ist es nicht: Propaganda gegen die Streikfront. Ein Streik ist kein Kuscheln, aber er ist auch kein Krieg und erst Recht keine Invasion. Und zum Streik gehören immer zwei. Dazu gehört aber auch ein Blick auf das Vorher und Nachher. Und ganz, ganz ehrlich gesagt, ich sympathisiere nicht nur mit der GDL, sondern auch mit ihren Streikzielen. Und jeder, ich betone, JEDER Arbeitnehmer in Deutschland sollte die GDL mindestens moralisch unterstützen, damit wir hier in Deutschland ein klares Zeichen setzen: Wir Arbeitnehmer, das ist die Mehrheit, und wir sind untereinander solidarisch.
Was aber passiert stattdessen? Es gibt eine Menge Leute, die sich jetzt abgrundtief schämen sollten, finde ich.

Nachtrag: Wohooo! Nathan hat mir zwei Artikel verlinkt, die ich Euch nicht vorenthalten möchte.
Der Spiegel spricht Tacheless und zeigt ganz klar, was Sache ist. Nix mit böser GDL - böse Bahn!
Und Der Freitag zeigt noch mal fix die Hintergründe auf. Transnet, ick hör Dir trapsen.

3 Kommentare:

Nathan hat gesagt…

Hi Ace
ich bin mittlerweile kein großer freund des spiegels und seines onlineablegers SPON doch hier kann ich mal voll zustimmen
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bahn-streik-der-lokfuehrer-arbeitskampf-ist-ein-geschenk-a-1001337.html

Nathan hat gesagt…

Und direkt noch einen hinterher
https://www.freitag.de/autoren/niquelouder/die-rolle-der-db-im-bahnstreik

Ace Kaiser hat gesagt…

Danke für die Links. Eine Menge nützlicher Informationen.