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Samstag, 17. März 2012

Kabelbinder sind keine Handschellen

Tja, Leute, George Clooney hat es drauf. Er war gestern auf einer Demo vor der sudanesischen Botschaft in Washington D.C., und wurde festgenommen, weil er sich geweigert hat, eine Polizeisperre anzuerkennen. Er verletzte sie wiederholt und wurde dafür abgeführt. Dabei soll er die Regierung des Sudans gemahnt haben, nicht länger das eigene Volk zu traktieren, zu töten und zu vergewaltigen.
Ebenfalls abgeführt wurde sein Vater Nick, der sich als ebenso störrisch wie sein Sohn erwiesen hat.
...sacken lassen.

Diese Nachricht, die durch die Online-Medien rauscht, habe ich gestern schon bekommen, als ich nach dem Perfekten Dinner nicht schnell genug den Raum verließ, um der Nachfolgesendung zu entgehen, dem unsäglichen, einseitigen, sensationsheischenden und teilweise Menschenrechtsverachtenden Format Prominent!, mit der nicht prominenten Redakteurin, die einerseits ständig ihren Namen sagen muss, und andererseits verschiedene Stimmen zu haben scheint.
Jedenfalls präsentierte Prominent! Fernsehbilder von der Verhaftung. Und während die Off-Stimme noch darüber fabulierte, dass "George Clooney in Handschellen" abgeführt wurde, konnte man deutlich sehen, dass es Kabelbinder waren.
Kabelbinder werden heutzutage von der Polizei gerne als Ersatz oder Ergänzung von Handschellen verwendet, und deshalb ist es kein Wunder, dass sie auf der Demonstration Anwendung fanden.
Dennoch schwirrt durch alle Medien die Behauptung, George wäre in HANDSCHELLEN abgeführt worden. Leute, das ist schlechter Journalismus.
...sacken lassen.
Gut, gut, das könnte man ja noch verzeihen. Ein richtiger Fauxpas wird es aber, wenn die Medien sich nicht bemühen zu erklären, ob es die nordsudanesische oder die südsudanesische Botschaft war, vor der demonstriert wurde. Eine erklärende Fußnote zum Beispiel, dass der Nordsudan den alten Titel Sudan beansprucht, wäre nett gewesen, um das eindeutig zu klären. So aber ist es noch schlechterer Journalismus. Es wirkt so, als hätten all die Medien, die die Gründung des unabhängigen Südsudan verfolgt haben, dieses neue Land komplett vergessen. Ja, wo finden jetzt die Menschenrechtsverletzungen gegen das eigene Volk statt? Nord-, oder Südsudan? Oder gibt es mittlerweile schon einen dritten Sudan? Bei der Presselandschaft würde mich beides nicht wundern - das es einen Westsudan gibt, und dass das der recherchefaulen Presse vollkommen entgangen ist.

6 Kommentare:

Stinkstiefel hat gesagt…

Was erwartest du von der Presse und so einer Sendung. Es gibt halt Bereiche die interessieren keinen.
Oft sind es aber auch unwissende Übersetzer. Kommt auch oft genug in Filmen vor.

Ace Kaiser hat gesagt…

Ich denke, es ist so gelaufen: Es gab eine erste Pressemitteilung vor den Fernsehbildern, die nicht live ausgestrahlt wurden. Dort hieß es sicherlich: "George Clooney chained."
Und damit war klar, das es was mit Metall zu tun haben musste. Kann ja kein Übersetzer wissen, dass "Chain" zwar Kette heißt, "chained" aber sowohl in Ketten als auch gefesselt oder gebunden. Tja, und nachdem das einmal feststand, halfen auch die Fernsehbilder nichts mehr. Falsch ist es trotzdem. Und peinlich.
Noch peinlicher aber sind die fehlenden Hintergrundinformationen zum Sudan.

Stinkstiefel hat gesagt…

Wie gesagt, ein Bereich der diese Journalisten nicht interssiert.
Und wofür jetzt protestiert wurde ist auch uninteressant, es interessiert nur das ein Prominenter festgenommen wurde.

Ace Kaiser hat gesagt…

George ist ja kein Idiot. Aber er weiß, dass sich jetzt vielleicht der eine oder andere im I-Net informiert, wogegen er protestiert hat. Und sich dann dem Protest anschließt.
Die miese journalistische Leistung macht es aber nicht wett.

Nicolai hat gesagt…

Wirklich lächerlich. Aber so ist der Journalismus heutzutage. Er neigt gerne zur Übertreibung und zu falschen Recherchen. Wie auch immer. Der Gute wurde übrigens wieder freigelassen. Hoffentlich war es nicht seine letzte Festnahme ;)

Ace Kaiser hat gesagt…

Und richtig lächerlich wird es, wenn die Sache mit den Kabelbindern bekannt war, und der Einfachheit halber von Handschellen geredet wurde, "weil es ins Polizeiklischee gepasst hat".

Nun, George kann ruhig noch ein paarmal für die richtige Sache verhaftet werden, aber laut eigener Aussage hofft er, dies wäre das letzte Mal gewesen. ^^